BIOKON – Das Bionik-Kompetenznetz

Nachrichten mit Nachhall

Das Schönste, was wir entdecken können, ist das Geheimnisvolle.
Albert Einstein, Physiker

Bionik ist das anwendungsorientierte Zusammenspiel von Wissenschaft und forschenden Unternehmen. Ihre Ergebnisse zielen auf Innovationen nach dem Vorbild der Natur. Sie sollen immer das Potenzial haben, Ideengeber für ein besseres Morgen zu sein. Solchen erfolgreichen Lösungen schaffen Nachrichten mit Nachhaltigkeit.

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Presse // 15. November 2016

Ideen der Natur als Quelle für Innovationen verstehen und weiterdenken

„Erfindungen, die die Natur hervorgebracht hat, auf technische Entwicklungen zu übertragen – das finden auch junge Menschen attraktiv. So werden komplexe Zusammenhänge zu den Themen Biologie, Technik und Wirtschaft leichter verständlich und der Weg zur Entwicklung nachhaltiger Gebrauchsgegenstände vereinfacht“, sagte Dr. Matthias Miersch, MdB und Kuratoriumsmitglied der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), in Burgdorf. Mit rund 330.000 Euro fördert die DBU ein neues Bildungsprojekt, das das Bionik-Kompetenznetz BIOKON mit der Green Economy Academy (GEA) durchführt. Es sollen Lehrmodule und Unterrichtseinheiten entwickelt werden, die durch Schüler der Berufsbildenden Schulen (BBS) Burgdorf erprobt werden.

Bionik für systemisches Denken

Dass die Bionik fasziniert, systemisches Denken anregt und interdisziplinäres Arbeiten braucht, veranschaulichte BIOKON-Geschäftsführer Dr. Rainer Erb am Beispiel der Haihaut: „Wir Bioniker haben in Fachdisziplin-übergreifender Arbeit den komplexen Bauplan der Haihaut entschlüsselt und daraus einen Silikonanstrich entwickelt. Er vermindert den unerwünschten Unterwasserbewuchs von Schiffsrümpfen durch Algen, Seepocken und Muscheln, das sogenannte Fouling, um bis zu 70 Prozent. Der dadurch verminderte Strömungswiderstand verringert den Treibstoffverbrauch gegenüber auch nur geringfügig bewachsenen Schiffen um bis zu 30 Prozent und kann somit bei großflächigem Einsatz Millionen Tonnen Treibstoff sparen helfen.“ So könnten Umweltbelastungen vermieden und Kosten eingespart werden. Gleichzeitig würden die bisher als Antifouling-Anstrich eingesetzten umweltschädigenden TBT- und Kupferverbindungen ersetzt. „Bionik basiert auf ganzheitlichem Denken, das wir mit neuen Angeboten in der Berufsbildung verankern wollen“, so Erb.

Komplexe Zusammenhänge durch Bionik begreifen

Mit biologischem Hintergrundwissen, technischen Kenntnissen und cleveren Ideen lasse sich wie beim oben genannten Beispiel die Entwicklung nachhaltiger Produkte für die berufliche Bildung interessanter gestalten. Konsumgüter könnten nach Darstellung der DBU sowohl bei der Herstellung als auch in der Nutzungs- und Nachnutzungsphase die Umwelt erheblich belasten. Im Rahmen des beantragten Vorhabens werde dieser Aspekt in den Blick genommen: Ziel sei es, mit Hilfe der Bionik das Interesse zu wecken und komplexe Zusammenhänge besser zu verstehen. Anhand konkreter Modell-Beispiele, insbesondere im Zusammenhang mit Entwicklungen aus mittelständischen Unternehmen, bearbeiten die Schülerinnen und Schüler die Frage, wie sie ein Gebrauchsgut mit Hilfe bionischer Innovationen nachhaltiger machen könnten, erläutert Erb. Die Betrachtung werde ausgeweitet auf den gesamten Produktlebenszyklus. Die Schülerinnen und Schüler könnten dabei verschiedene Optionen etwa in der Lieferkette, in Marketing- und Kommunikation bis hin zum Vertrieb und den damit verbundenen Effekten auf Natur und Umwelt erleben – die Botschaft dahinter: „Auch das Drehen an kleinen Stellschrauben kann bedeutsame große Nachhaltigkeitseffekte erzeugen.“

Durchdachtes Bildungskonzept mit Leitfaden und Lehrerfortbildungen

BBS-Schulleiter Gerhard Klaus hob hervor: „Als Lehrer tragen wir Mit-Verantwortung dafür, dass Folgegenerationen Problemlösekompetenzen entwickeln. Schon frühere Projekte haben an der BBS bewiesen, dass eine praxisnahe Herangehensweise die Motivation der Schülerinnen und Schüler beflügelt und ihnen die Ideen für Neuentwicklungen kaum ausgehen.“ In diesem Zusammenhang sehe er das Projekt der DBU als vielversprechend an. Daher freue er sich, dass die von BIOKON und GEA entwickelten Unterrichtsmodule sowie Lehr- und Lernformate themenübergreifend und interdisziplinär in den BBS Burgdorf erprobt werden.
Darüber hinaus planet BIOKON, dass Schülerinnen und Schüler verschiedener Fachrichtungen eine gemeinsame Projektarbeit zum Thema „Entwicklung und Vertrieb nachhaltiger Gebrauchsgüter“ durchführen. Die Ergebnisse sollen in einem speziellen Leitfaden für Multiplikatoren verbreitet werden. Ergänzend seien drei „Summer Schools“, Lehrerfortbildungen, sogenannte „Massive Open Online Courses“ (Moocs), eine Aufbereitung der Module in virtueller Form im Internet, eine externe Evaluation sowie eine Präsentation der Ergebnisse auf der Hannover Messe und an weiteren Standorten geplant.

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Aktuelles // 2. November 2016

Internationaler Bionic Award 2016 für Flüssigkeitstransport nach dem Vorbild der Krötenechse

Der International Bionic Award der Schauenburg-Stiftung geht in diesem Jahr an ein vierköpfiges, interdisziplinär zusammengesetztes Team aus Aachen und Linz. Die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung erhielten Dr. Philipp Comanns, RWTH Aachen, Kai Winands und Mario Pothen, Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT Aachen, sowie Gerda Buchberger, Johannes Kepler Universität Linz, für ihre herausragende Forschungsarbeit zum Entwicklung von Strukturen, um Flüssigkeiten energieneutral in eine gezielte Richtung auf Oberflächen zu transportieren. Ihr Vorbild: Die texanische Krötenechse.

Mit mikroskopisch kleinsten Kanälen sammelt die texanische Krötenechse Wasser aus ihrer Umgebung. Durch ihre Hautstruktur kann sie es gezielt Richtung Maul transportieren. Das interdisziplinäre Team aus Biologe, Ingenieur, Informatiker und Physikerin hat daraus Funktionsprinzipien abgeleitet und auf Kunststoff- und Metalloberflächen übertragen. Die Innovation kann in der Industrie in vielen Bereichen angewendet werden, ob in Windeln oder als Schmierstoff im Automotor.

„Das Phänomen beruht auf der besonderen Geometrie der Kapillarkanäle. Durch unsere interdisziplinäre Zusammenarbeit im Team konnten wir diese Kanalgeometrie abstrahieren und die Struktur soweit optimieren, dass eine industrielle Fertigung möglich ist und wir Flüssigkeiten gezielt sogar gegen die Schwerkraft transportieren können.“ erklärt der frisch promovierte Biologe und Sprecher des Nachwuchsforscherteams Dr. Philipp Comanns.
BIOKON-Geschäftsführer Dr. Rainer Erb: „In der internationalen Jury hat uns diese herausragende Arbeit besonders überzeugt. Die Anwendung verspricht ein großes Marktpotenzial in vielen Branchen, da der passive, gerichtete Transport von Flüssigkeiten oder Schmiermitteln bei zahlreichen technischen Prozessen erforderlich ist – wir sind gespannt!“

„Interdisziplinäres Arbeiten und konstruktives Querdenken sind Grundvoraussetzungen in der Bionik und auch für Unternehmen die Basis des Erfolgs“, sagt Marc-Georg Schauenburg, Sohn des Stifters des Bionic Awards. „In diesem Jahr waren erneut viele überzeugende Konzepte dabei.“ So wurde zusätzlich ein Team des Karlsruher Instituts für Technologie mit einer Anerkennungsurkunde ausgezeichnet. Maryna Kavalenka, Felix Vüllers und Claudia Zeiger erhielten diese Anerkennung für ihr Projekt „Bioinspired Multifunctional Nanofur for Environmental Applications”.

Die Verleihung fand am 21. Oktober 2016 im Rahmen des Bionik-Kongresses „Patente aus der Natur“ in Bremen statt.

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Presse // 25. Oktober 2016

BIOKON mit neuem Vorstand

Turnusgemäß haben die BIOKON-Mitglieder nach drei Jahren ihren neuen Vorstand gewählt. BIOKON-Geschäftsführer Dr. Rainer Erb freut sich, dass im fünfköpfigen Vorstandsteam des interdisziplinären Bionik-Kompetenznetzes auch weiterhin Biologen und Ingenieure, Wissenschaftler und Unternehmensvertreter vertreten sind.

Vorstandsvorsitzende ist Frau Professorin Dr. Antonia Kesel von der Hochschule Bremen. Sie hat dieses Amt bereits in den letzten drei Jahren erfolgreich wahrgenommen. In Bremen leitet sie den internationalen Studiengang Bionik und ist Vorsitzende des VDI-Fachbeirates Bionik und stellvertretende Vorsitzende der VDI-Fachgesellschaft Technologies of Life Sciences.

Stellvertretender Vorstandsvorsitzender ist Markus Hollermann. Er ist Experte für Bionik und Innovationsmanagement bei Altran Deutschland S.A.S. & Co. KG, dem globalen Marktführer in Innovation und High-Tech Engineering Consulting. Außerdem ist Herr Hollermann Gründer und Geschäftsführer des Start-ups „die Bioniker“.

Professor Dr. Ivo Boblan lehrt Elektrotechnik, Aktorik, Robotik und Bionik an der Beuth Hochschule für Technik Berlin. Als Experte für bionische Robotik beschäftigt er sich insbesondere mit nachgiebigen Assistenzsystemen für Anwendungen in der sicheren Mensch-Technik-Interaktion.

Professor Dr. Michael Herdy ist Experte für Bionik im Kompetenzbereich Innovationsmanagement und Technology Watch bei der inpro Innovationsgesellschaft für fortgeschrittene Produktionssysteme in der Fahrzeugindustrie mbH. Er ist Spezialist für bionische Optimierungsmethoden, insbesondere die Evolutionsstrategie, und Honorarprofessor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin.

Professor Dr. William Megill ist sowohl Ingenieur als auch Biologe. Mit seinem Team und seinen Studierenden an der Hochschule Rhein-Waal entwickelt und baut er Antriebssysteme und Sensoren, für kleine U-Boote und Boote. Unter seiner Leitung nimmt das U-Boot-Team der Hochschule an internationalen Wettbewerben teil.

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Forschung // 24. Oktober 2016

Gold Award 2016 in der Kategorie Surface and Technology für die bionische Dreifachverzweigung

Der Technologiedemonstrator einer bionischen Dreifachverzweigung wurde mit dem „Materialica Design&Technology Gold Award“ in der Kategorie „Surface and Technology“ ausgezeichnet. Die dreiarmigen Faserverbundverzweigung wurde in einem neuartigen Flecht-Infiltrations-Verfahren hergestellt, bei dem erstmals die patentierte Technik eines variablen Flechtauges zum Einsatz gekommen ist (Patent Nr. DE 102011006647 B4). Für die Verzweigungsstruktur dienten unter anderem der Drachenbaum (Dracaena marginata) und der Corryokaktus (Corryocactus brachypetalus) als natürliche Vorbilder. Diese Struktur kann als Technologieplattform für Verzweigungselemente in zahlreichen Anwendungsgebieten wie Luft- und Raumfahrbereich, Fahrzeug- und Maschinenbau sowie Architektur und Bauwesen genutzt werden.

Ausgezeichnet wurden Prof. Thomas Speck & Dr. Tom Masselter (Plant Biomechanics Group (PBG) & Botanischer Garten, Universität Freiburg), Prof. Markus Milwich (Hochschule Reutlingen & ITV Denkendorf), Dr. Simon Küppers & Dipl.-Ing. Lena Müller (Institut für Textil- und Verfahrenstechnik (ITV) Denkendorf), Prof. Christoph Neinhuis (Institut für Botanik und Botanischer Garten, TU Dresden) sowie Prof. Maik Gude & Dipl.-Ing. Andreas Gruhl (Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik (ILK), Technische Universität Dresden) für ihre Entwicklung einer dreiarmigen Faserverbundverzweigung nach dem Vorbild der Verzweigungen des Drachenbaums.

Inspiriert wurde die Entwicklung durch die Form und die innere Struktur der Verzweigungen des Drachenbaums. Hierbei haben vor allem die Anordnung und der Verlauf der von mechanisch sehr stabilen, verholzten Faserbündeln begleiteten Leitgewebebündel im Bereich der Astanbindung die bionische Umsetzung beeinflusst. Diese Faserbündel zeigen eine lastadaptierte Anordnung und die in den Seitenast führenden Bündel umfassen vor ihrer Abzweigung den Hauptstamm typischer Weise um über 180°. Durch diese innere Struktur können die Seitenäste des Drachenbaums hohe Biegelasten aufnehmen und zeigen im Versagensfall ein gutmütiges Bruchverhalten. Hierbei kommt es zu mehreren Vorversagensereignissen, nach denen sich das System jeweils wieder stabilisiert, wodurch bis zum finalen Versagen große Energiemengen absorbiert werden können („Fail-Safe-Mechanismus“). All diese Eigenschaften, die in der Plant Biomechanics Group Freiburg untersucht wurden, und die ausgeprägte Fasermatrixstruktur des Drachenbaums machten diese Pflanzen zu einem idealen Ideengeber für die Entwicklung einfach und mehrfach verzweigter Faserverbundstrukturen.

Bei der Entwicklung des Geflechts und des Flechtverfahrens im ITV Denkendorf und im ILK der TU Dresden wurde nicht nur Wert auf einen optimal kraftflussgerechten Faserverlauf im Zwickel des Geflechts gelegt. Ziel war es darüber hinaus, ein Geflecht zu entwickeln, bei dem es möglich ist für die Verzweigungsäste in Summe mehr Fäden verwenden zu können, als im Hauptast vorhanden sind, ohne offene Faserenden im Bauteil zu haben. Diese hat den Vorteil Strukturen zu erzeugen, bei denen es einen durchgehenden Hauptpfad gibt von dem, ohne das Bauteil durch das Reduzieren der Faseranzahl im Hauptpfad bzw. durch offene Faserenden von hinzugefügten Fäden zu schwächen. Bei hinzugefügten Fäden würde es außerdem zu einer lokalen Überdimensionierung der Verzweigung kommen. Das Verfahren wurde zum Patent angemeldet (DE 102013223154 A1). Die potentiellen Anwendungsbereiche einer solchen verzweigten, geflochtenen Struktur sind vielfältig und umfassen beispielsweise Fahrzeug- und Maschinenbau, Luft- und Raumfahrt, sowie Architektur und Bauwesen – hier z.B. ausgegossen mit Leichtbauzement.

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Forschung // 15. September 2016

Vom Drachenbaum zum Werkstoff

Drachenbäume als Ideengeber für den Leichtbau: Ein Forschungsteam der Universität Freiburg und des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) hat die Grundlagen dafür erarbeitet, technische Faserverbundverzweigungen nach dem Vorbild von Ast-Stamm-Anbindungen zu entwerfen. Mithilfe von hochauflösenden Magnetresonanz-Bildgebungsverfahren ist es den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern dabei erstmals gelungen, am lebenden Drachenbaum zu beobachten, wie sich das pflanzliche Gewebe bei Belastung verschiebt. Technische Faserverbundverzweigungen, die sich ähnlich verhalten wie das natürliche Vorbild, könnten künftig zum Beispiel in architektonischen Tragwerken, Fahrradrahmen oder in Autokarosserien zum Einsatz kommen. Das Team hat die Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Scientific Reports“ veröffentlicht.  

Für die Studie haben die Arbeitsgruppen von Prof. Dr. Thomas Speck, Leiter der Plant Biomechanics Group und Direktor des Botanischen Gartens der Universität Freiburg, und Prof. Dr. Jan G. Korvink, Leiter des Instituts für Mikrostrukturtechnik am KIT, einen neuartigen Versuchsaufbau entwickelt. Die Biologin Linnea Hesse von der Universität Freiburg und der Medizinphysiker Dr. Jochen Leipold von der Klinik für Radiologie – Medizinphysik des Universitätsklinikums Freiburg bildeten zunächst mithilfe eines Magnetresonanztomographen (MRT) das Innere von Stamm und Ast eines Drachenbaums im unbelasteten Zustand ab. Anschließend belasteten sie den Ast, indem sie ihn mittels eines mechanischen, von außerhalb des MRT gesteuerten Arms verbogen, und bildeten die inneren Strukturen der Pflanze erneut ab. Aus beiden Bildersätzen erstellten die Wissenschaftler dreidimensionale Computermodelle. Anhand dieser konnten sie vergleichen, wie sich das Gewebe, das eine Pflanze stabilisiert, jeweils verhält und wie es sich bei Belastung verschiebt: einerseits die Leitbündel, die Stoffe und Flüssigkeiten innerhalb von Pflanzen transportieren, und andererseits die Faserkappen, die diese Leitbündel umgeben und festigen. Dabei betrachteten die Wissenschaftler sowohl die gesamte Ast-Stamm-Anbindung als auch einzelne Leitbündel, um Veränderungen vom unbelasteten zum belasteten Zustand möglichst genau zu ergründen. Je nach ihrer Lage in der Verzweigung werden die Bündel und die Kappen teilweise längs gedehnt und können so Zuglasten aufnehmen oder auch quer gegen das umliegende Gewebe gedrückt, um Druckkräfte abzudämpfen.  

Auf dieser Basis ist es nun möglich, die wissenschaftlichen Erkenntnisse in technische Faserverbundverzweigungen zu übertragen – mit dem Ziel, sowohl leichte als auch stabile Werkstoffe mithilfe des natürlichen Vorbilds noch weiter zu verbessern.  

Originalveröffentlichung: Hesse, L., Masselter, T., Leupold, J., Spengler, N., Speck, T., Korvink, J.G.: Magnetic resonance imaging reveals functional anatomy and biomechanics of a living dragon tree. Sci. Rep. 6, 32685; doi: 10.1038/srep32685 (2016).  

Quelle: Presseinformation der Universität Freiburg.

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Forschung // 2. Juli 2016

„Flower Power“: Photovoltaik nach dem Vorbild der Rose

Mit einer Oberfläche wie bei Pflanzen können Solarzellen mehr Licht aufnehmen und damit mehr Strom erzeugen. Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) reproduzierten die epidermalen Zellen von Rosenblütenblättern, die eine besonders starke Antireflexwirkung besitzen, und integrierten die transparente Nachbildung in eine organische Solarzelle. Dies führte zu einer relativen Erhöhung der Effizienz von zwölf Prozent. Darüber berichten die Wissenschaftler in der Zeitschrift Advanced Optical Materials (DOI: 10.1002/adom.201600046).

Photovoltaik ähnelt im Prinzip der von Pflanzen betriebenen Photosynthese: Lichtenergie wird absorbiert und in eine andere Form von Energie konvertiert. Dabei ist es wichtig, das Lichtspektrum der Sonne möglichst breit zu nutzen und das Licht aus verschiedenen Einfallswinkeln aufzunehmen, da sich der Winkel mit dem Sonnenstand ändert. Pflanzen haben dies in ihrer langen Evolution erreicht – Grund genug für Photovoltaikforscher, sich bei der Entwicklung von Solarzellen mit breitem Absorptionsspektrum und hoher Einfallswinkeltoleranz an der Natur zu orientieren.

Wissenschaftler am KIT und am Zentrum für Sonnenenergie­ und Wasserstoff-Forschung Baden­Württemberg (ZSW) schlagen nun in der Zeitschrift Advanced Optical Materials vor, das äußere Abschlussgewebe von Blättern höherer Pflanzen, die sogenannte Epidermis, in einer transparenten Schicht nachzubilden und diese in die Vorderseite von Solarzellen zu integrieren, um deren Effizienz zu steigern.

Zunächst untersuchten die Forscher am Lichttechnischen Institut (LTI), Institut für Mikrostrukturtechnik (IMT), Institut für Angewandte Physik (APH) und Zoologischen Institut (ZOO) des KIT sowie am ZSW die epidermalen Zellen verschiedener Pflanzenarten auf ihre optischen Eigenschaften und vor allem ihre Antireflexwirkung. Diese erwies sich als besonders stark bei Rosenblütenblättern, bei denen sie für stärkere Farbkontraste sorgt und damit die Chance auf Bestäubung erhöht. Wie die Wissenschaftler unter dem Elektronenmikroskop feststellten, besteht die Epidermis der Rosenblütenblätter aus einem ungeordneten Feld dicht gedrängter Mikrostrukturen, zusätzlich gerippt durch zufällig platzierte Nanostrukturen.

Um die Struktur dieser epidermalen Zellen über eine größere Fläche exakt zu reproduzieren, übertrugen die Forscher sie in eine Form aus Polydimethylsiloxan, einem Polymer auf Siliziumbasis, drückten die so entstandene negative Struktur in einen optischen Kleber ein und ließen diesen unter UV-Betrahlung aushärten. „Diese Methode ist einfach und kostengünstig und erzeugt Mikrostrukturen von einer Tiefe und Dichte, wie sie sich mit künstlichen Techniken kaum erreichen lassen“, berichtet Dr. Guillaume Gomard, Leiter der Gruppe Nanophotonik am LTI des KIT.

Die Wissenschaftler integrierten die transparente Nachbildung der Rosenblütenblätter-Epidermis in eine organische Solarzelle. Dadurch erhöhte sich die Energieumwandlungseffizienz bei senkrechtem Lichteinfall um zwölf Prozent (relative Steigerung). Bei sehr flachen Einfallswinkeln fiel die Effizienzsteigerung noch höher aus. Die Forscher führen die Steigerung vor allem auf die hervorragende richtungsunabhängige Antireflexwirkung der nachgebildeten Epidermis zurück. Diese kann die Oberflächenreflexion unter fünf Prozent halten, auch wenn der Lichteinfallswinkel fast 80 Grad beträgt. Darüber hinaus fungiert jede einzelne der nachgebildeten epidermalen Zellen als Mikrolinse, wie Untersuchungen mit einem Konfokal-Lasermikroskop zeigten. Der Mikrolinseneffekt verlängert den optischen Pfad innerhalb der Solarzelle, steigert die Licht-Materie-Interaktion und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Lichtteilchen absorbiert werden.

„Unsere Methode lässt sich sowohl auf weitere Pflanzenarten als auch auf andere Photovoltaiktechnologien anwenden“, erklärt Guillaume Gomard. „Da die Oberflächen von Pflanzen multifunktional sind, könnte es künftig möglich sein, von ihnen mehrere Eigenschaften in einem Schritt zu übernehmen.“ Die Arbeit der Forscher wirft darüber hinaus eine grundlegende Frage auf: Welche Rolle spielt Unordnung in komplexen photonischen Strukturen? Zu dieser Frage laufen weitere Untersuchungen, von deren Ergebnissen die nächste Generation von Solarzellen profitieren könnte.

Originalpublikation:
Ruben Hünig, Adrian Mertens, Moritz Stephan, Alexander Schulz, Benjamin Richter, Michael Hetterich, Michael Powalla, Uli Lemmer, Alexander Colsmann, and Guillaume Gomard: Flower Power: Exploiting Plants’ Epidermal Structures for Enhanced Light Harvesting in Thin-Film Solar Cells. Advanced Optical Materials, 2016. DOI: 10.1002/adom.201600046

Quelle: Presseinformation 097/2016 des KIT.

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Aktuelles // 21. Juni 2016

„Mr. Lotuseffekt“ wird 70

Der Lotuseffekt war eine grundlegende Entdeckung in der Bionik. Er führte zu einem Paradigmenwechsel in bestimmten Bereichen der Materialwissenschaften und ermöglichte die Entwicklung superhydrophober bionischer Oberflächen. Das 20-jährige Jubiläum des Lotuseffekts selbst feiern wir zwar erst im kommenden Jahr, aber sein Entdecker, BIOKON-Ehrenmitglied Professor Dr. Wilhelm Barthlott, begeht heute seinen 70sten Geburtstag, zu dem wir herzlichst gratulieren.

Geboren in Forst, studierte Wilhelm Barthlott Biologie und Geographie an der Universität Heidelberg und arbeitete danach von 1974 bis 1981 als Wissenschaftlicher Assistent am Institut für Systematische Botanik und Pflanzengeographie der Universität Heidelberg. 1981 habilitierte er an derselben Universität und untersuchte das Phänomen der selbstreinigenden Oberflächen. Diese Arbeit führte schließlich zur Übertragung des Lotus-Effekts auf technische Anwendungen. Von 1982 bis 1985 war er Professor und Abteilungsleiter am Institut für Systematische Botanik und Pflanzengeographie der Freien Universität Berlin. 1985 wurde er an die Universität Bonn berufen, wo er bis 2002 Professor und Direktor am Botanischen Institut und des Botanischen Gartens der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn war. Nach Neustrukturierung und Modernisierung des wunderschönen botanischen Gartens und Umstrukturierung des botanischen Instituts 2002 war Professor Barthlott seit 2003 bis zu seiner Emeritierung im Juli 2011 Geschäftsführender Direktor des neugegründeten Nees-Instituts für Biodiversität der Pflanzen und Direktor der Botanischen Gärten der Universität.

Der von Professor Barthlott 1997 beschriebene Lotus-Effekt ist das Paradebeispiel der Bionik. Rund um diese bahnbrechende Innovation, die zu den 12 wichtigsten Innovationen aus Deutschland der letzten 50 Jahre gezählt wird, existieren mittlerweile rund 200 Nebeninnovationen. Kaum ein anderes Beispiel der Bionik hat einen vergleichbaren Weg in die Öffentlichkeit gefunden und sich dabei gleichzeitig oft weit vom eigentlichen Inhalt gelöst.

Doch auch wenn der Lotus-Effekt zweifellos seine bekannteste Entdeckung ist, sind seine Forschungsfelder sehr vielfältig, was auch die mehr als 400 Publikationen umfassende Publikationsliste belegt. Gerade hat er, gemeinsam mit Matthias Mail und Professor Christoph Neinhuis eine umfangreiche Arbeit zu superhydrophoben Oberflächen abgeschlossen, die innerhalb der nächsten Tage in einem Sonderband der Phil Trans A veröffentlicht wird.
Darüber hinaus hat Professor Barthlott auch etliche weitere Forschungsgebiete maßgeblich beeinflusst: von der Systematik der Kakteen, den pflanzlichen Oberflächen, über die Erforschung tropischer Inselberge, den Epiphyten von Regenwäldern, bis hin zur weltweiten Biodiversitätskartierung.

Mit dieser Vielzahl an Fragestellungen wird es einem natürlich nicht langweilig und so leitet Wilhelm Barthlott noch heute eine Arbeitsgruppe. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Erforschung des Salvinia-Effekts. So gibt es auch immer wieder neue spannende Themen – gerade im letzten Jahr wurde ein völlig neuartiges biologisches Sensorsystem entdeckt und patentiert.

Wilhelm Barthlott ist Mitglied mehrerer nationaler und internationaler wissenschaftlicher Vereinigungen – darunter der Akademie der Wissenschaften und Literatur Mainz, der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften Düsseldorf, der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, sowie Foreign Member der Linnean Society London Komitees.
Er wurde mit verschiedenen angesehenen Preisen ausgezeichnet. Neben dem Karl Heinz Beckurts-Preis 1997 für wirtschaftlich innovative Grundlagenforschung sind dies insbesondere der der Philip-Morris-Forschungspreis 1999 sowie der Deutschen Umweltpreis ebenfalls 1999.

Aber Wilhelm Barthlott ist nicht nur ein erfolgreicher Forscher, sondern auch ein sehr erfolgreicher Lehrer. 140 Studenten haben Diplom- oder Staatsexamen bei ihm gemacht, 42 Doktoranden haben erfolgreich promoviert und 8 davon haben sich habilitiert und sind mittlerweile alle als Professoren an Hochschulen berufen.

Wir sind sicher, dass ihn das Interesse an der Biologie, vor allem aber an der Bionik noch sehr lange antreibt und Wilhelm Barthlott als aktiver Bioniker und wichtiger Teil des Bionik-Kompetenznetzes weiter herausragende Forschung betreibt, worauf wir uns voller Spannung freuen.
Zum 70. gratulieren wir herzlich.

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Aktuelles // 6. Juni 2016

Superhydrophobe Oberflächen – technische Anwendungen von zwei Best Practices der Bionik

Selbstreinigende Oberflächen (Lotus-Effekt®) und permanent unter Wasser lufthaltende Oberflächen (Salvinia-Effekt®) sind zwei Erfolgsgeschichten der Bionik, die zu einem Paradigmenwechsel in bestimmten Bereichen der Materialwissenschaften führten und die Entwicklung superhydrophober bionischer Oberflächen ermöglichten. Beide werden am 07. und 08.06.2016 auf der Woche der Umwelt im Park von Schloss Bellevue von BIOKON mit der Firma Sto SE & Co. KGaA und dem Nees-Institut für Biodiversität der Pflanzen der Universität Bonn präsentiert.
Entdeckt und beschrieben hat beide Effekte der Bonner Botaniker und Bioniker Professor Wilhelm Barthlott, Gründungs- und Ehrenmitglied von BIOKON. Sie beruhen auf dem Vorbild der mikro- und nanostrukturierten superhydrophoben Strukturen der Blätter der Lotus-Blume bzw. der elastischen superhydrophobe Schneebesen-Haare des Schwimmfarns Salvinia molesta.

Superhydrophob heißt, dass diese Oberflächen extrem wasserabweisend sind. Auf Grundlage der Forschungsarbeiten Professor Barthlotts ausgerüstete Textilien schützen beispielsweise Kleidungsstücke vor Wasser und Schmutz und mit der Firma Sto entwickelte Fassadenfarben machen Häuserfassaden wasserfest und selbstreinigend. Der Lotus-Effekt ist eine der 12 wichtigsten Innovationen aus Deutschland der letzten 50 Jahre; es existieren mittlerweile über 200 Nebeninnovationen.

Manche extrem wasserabweisenden biologischen Oberflächen verfügen über eine erstaunliche Fähigkeit: Unter Wasser getaucht halten sie dauerhaft eine Luftschicht (Salvinia-Effekt). Solche Luftschichten sind technisch höchst interessant. Sie können beispielsweise zur Reibungsreduktion oder zur Verhinderung des Bewuchses mit Foulingorganismen in marinen Anwendungen eingesetzt werden. Auf Schiffsrümpfen können solche „Gleitfilme“ den Treibstoffverbrauch erheblich senken − bis zu 3 % des globalen Treibstoffverbrauchs lassen sich sparen, wenn Frachtschiffe auf Luftschichten durch das Wasser gleiten und dadurch viel weniger Treibstoff verbrauchen.

Lotus und Salvinia sind nur zwei Beispiele von rund 280.000 bekannten Pflanzenarten. Alle sind in Jahren der Evolution in Mutation und Selektion funktional optimiert und bilden eine unerschöpfliche Quelle der Inspiration für Techniker und Materialwissenschaftler − sie zeigen eindringlich, welche technischen Meisterleistungen die Evolution hervorgebracht hat. Wir verlieren die Artenvielfalt und damit die Vorbilder für unsere Bionik-Entwicklungen derzeit in dramatischem Ausmaß. Die Bionik ist ein wichtiges Argument für den Erhalt unserer Umwelt mit ihrer Biodiversität.

Beide Bionik-Erfolgsgeschichten in eindrucksvollen Bildern und gut erklärt von Professor Barthlott sehen Sie hier im Video (Quelle: FutureMag von Arte; Sendung vom 04.06.2016).

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Presse // 22. Februar 2016

Bionischer Nebelfänger gewinnt Wasser aus Nebel

Kein Rohstoff ist so bedeutend wie Wasser, der Zugang zu sauberem Wasser gilt als Menschenrecht. Für viele Menschen ist Wasser eine Selbstverständlichkeit, über dessen Gewinnung, Aufbereitung und Verteilung zu wenig nachgedacht wird. Damit gehört dieses Thema zu den zentralen Herausforderungen unserer Zeit und besonders in Entwicklungsländern nimmt die Trinkwassergewinnung in vielen Regionen der Welt an Bedeutung zu.

In trockenen Gebieten hat die Natur effiziente Methoden entwickelt, um das Überleben von Pflanzen und Tieren in trockenen Regionen durch die Gewinnung von Wasser aus Feuchtigkeit in der Luft zu sichern. An dieser Stelle setzte ein dreijähriges Bionik-Projekt zur Entwicklung effizienter, innovativer Nebelfänger an. Deutschlands größtes Textilforschungszentrum und BIOKON-Mitglied, das Institut für Textil- und Verfahrenstechnik (ITV) der Deutschen Institute für Textil und Faserforschung Denkendorf, der Garnproduzent Nextrusion und Essedea, Hersteller des Abstandsgewirks 3DEA®, haben in vielen Entwicklungsschritten das patentierte Nebelfangsystem FogHa-TiN® entwickelt. Dabei handelt es sich um eine dreidimensionale, etwa zwei cm dicke Textilstruktur aus schwarz eingefärbten Polymerfasern. Erstmals wurde die dritte Dimension eines Textils für das Auffangen und Abscheiden von Wasser genutzt und eine neuartige Struktur von 3DEA eigens zu diesem Zweck entwickelt.

Auch die deutsche Wasserstiftung arbeitete an einem Nebelkollektor, der mittlerweile unter dem Namen CloudFisher von der Aqualonis GmbH vertrieben wird und ebenfalls 3DEA zur Wassergewinnung einsetzt. In ihm wird die innovative Textilstruktur  mit einer neuartigen Rahmenkonstruktion kombiniert und dadurch optimiert.
Die neuartigen Nebelfänger stellen innovative Lösungen zur Wassergewinnung in trockenen Gebieten dar.

Der CloudFisher wurde von der WasserStiftung in einem anderthalbjährigen Feldversuch in Marokko in Zusammenarbeit mit der TU München unter Einsatz verschiedener Abscheidematerialien getestet.

Das Ergebnis:

  • CloudFisher ist der weltweit erste serienmäßige Nebelfänger, der Windgeschwindigkeiten von bis zu 120 km/h standhält.
  • 3DEA Abstandsgewirk ist fast 20% effektiver als das zweitbeste getestete Material und hat in der Untersuchung in Marokko Spitzenwerte bis zu 600 Liter Wasser pro Tag und Modul von 9m² „geerntet“ (d.h. 66 l pro m² und Tag). Je nach Region und Jahreszeit liegen die Werte für gewöhnlich bei 36-126 Litern pro Tag und Modul von 9m².

Nebelfänger können hunderttausende Menschen mit Wasser versorgen, die sonst keinen oder nur einen sehr begrenzten Zugang zu Süßwasser haben. Denkbar ist die Nutzung für die Land- und Forstwirtschaft, aber auch für kommerzielle Zwecke.
Die möglichen Einsatzgebiete sind überaus zahlreich: In Frage kommen Gebirgs- und Küstenregionen weltweit, in denen selten Regen fällt und ein hohes Nebelaufkommen herrscht.
Quelle: Essedea GmbH & Co. KG

In diesem Film sehen Sie die wichtigsten Fakten über den CloudFisher:

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Aktuelles // 28. Januar 2016

BIOKON auf der „Woche der Umwelt“

BIOKON präsentiert als Aussteller bei der Umwelt-Schau des Bundespräsidenten und der DBU am 7. und 8. Juni 2016 im Park von Schloss Bellevue ressourceneffiziente Innovationen aus der Natur. Im Park des Berliner Amtssitzes des Bundespräsidenten stehen für zwei Tage das Thema Umweltschutz und die damit verbundenen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Chancen im Fokus der Öffentlichkeit.

Aus über 600 Bewerbungen wurden rund 190 Aussteller von einer Jury ausgewählt. Die von BIOKON gemeinsam mit den Partnern Sto SE & Co. KGaA, dem Nees-Institut für Biodiversität der Pflanzen der Universität Bonn, der Hochschule Bremen und der Airbus Operations GmbH vorgeschlagenen Markterfolge aus der Bionik konnten die vom Bundespräsidialamt berufene Jury in puncto Qualität, Innovation und Modellhaftigkeit sowie hohes gesellschaftliches, technisches und wirtschaftliches Umsetzungspotenzial überzeugen.

Vor beeindruckender Kulisse finden anschauliche Projektpräsentationen statt

Die beeindruckende Kulisse des Schlosses Bellevue werden die Aussteller aus Deutschland und der Schweiz nutzen, um sich auf fast 4.000 Quadratmetern des Parks zu den Fachthemen Klimaschutz, Energie, Ressourcen, Boden und Biodiversität, Mobilität und Verkehr, Bauen und Wohnen zu präsentieren. In den einzelnen Pavillons finden umfangreiche und anschauliche Projektpräsentationen statt, mit denen auch Querbezüge zur Bildung und Kommunikation sowie zur Digitalisierung dargestellt werden.

Vielfältiges Vortrags- und Diskussionsangebot zu aktuellen Nachhaltigkeitsthemen

Parallel zu der Ausstellung wird es ein hochkarätiges und vielfältiges Vortrags- und Diskussionsangebot geben. Auf der Hauptbühne werden Spitzenvertreter aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft in moderierten Diskussionsrunden zu den Schwerpunktthemen diskutieren und zu folgenden Fragen neue Entwicklungen aufzeigen: Welchen Handlungsrahmen bieten die planetaren Leitplanken? Wie kann die weitere Energiewende gestaltet werden? Wie kommt der Klimaschutz voran? Wie werden Ressourcen effizient genutzt? Wie können Kreisläufe geschlossen und Innovation auf Spitzenniveau gefördert werden? Welche Visionen gibt es für ein nachhaltiges urbanes Leben? Wie gehen wir mit der Nutzungskonkurrenz um die Ressource Boden um, wie erreichen wir eine ressourcenschonende Landnutzung? Wie kann die Veränderungsbereitschaft der Gesellschaft für die großen Transformationsprozesse gestärkt werden? Ergänzend und für die noch detailliertere Diskussion werden zudem 70 bis 80 Fachforen zu aktuellen Nachhaltigkeitsthemen mit rund 400 Experten angeboten.

Besuchen Sie uns auf der Woche der Umwelt

Wir laden Sie ein, uns auf der Woche der Umwelt zu besuchen. Zur Anmeldung gelangen Sie unter folgendem Link >>

Hier finden Sie weitere Informationen zum Bionik-Gemeinschaftsstand und zum Besuch von Bundespräsident Gauck am BIOKON-Stand auf der letzten Woche der Umwelt.

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Presse // 17. Dezember 2015

3D-Druck im zivilen Flugzeugbau – eine Fertigungsrevolution hebt ab

Für den Deutschen Zukunftspreis des Bundespräsidenten nominiert und von der Jury in den „Kreis der Besten“ aufgenommen wurden BIOKON-Mitglied Airbus, LZN Laser Zentrum Nord und Concept Laser mit ihrer gemeinsamen Entwicklung zum 3D-Drucken. Ihnen gelang es, ein dreidimensionales gedrucktes Flugzeugbauteil aus Metall zu fertigen – einen Kabinenhalter aus Titan.

Airbus – und auch anderen Industriezweigen in Deutschland – steht damit ein neues Produktionsverfahren zur Verfügung, das weit mehr Möglichkeiten bietet als herkömmliche Fertigungsverfahren. Mit dieser neuen Verfahrenstechnik werden Produkte nicht aus einem Materialstück herausgestanzt, -gefräst oder -geschnitten, sondern Schicht für Schicht aufgebaut.

Das bringt etliche Vorteile: Material- und Energieverbrauch sind deutlich geringer, was Ressourcen und Klima schont. Zudem haben die Konstrukteure mehr Freiheit bei der Gestaltung der Bauteile. Und: Prototypen, Einzelstücke oder Kleinserien von Produkten lassen sich einfach und günstig herstellen.

3D-Druck im Metallbereich − reif für die industrielle Serienproduktion

Flugzeugbau stellt hohe Ansprüche an Konstruktion und Fertigung. Die Herausforderung: Komplexe Flugzeugteile effizient, kostengünstig und möglichst umweltschonend herzustellen. Peter Sander, Leiter des Bereiches Emerging Technologies & Concepts bei Airbus, Claus Emmelmann als CEO des LZN Laser Zentrum Nord sowie Leiter des Instituts für Laser- und Anlagensystemtechnik der TU Hamburg-Harburg und Frank Herzog als Geschäftsführer von Concept Laser im oberfränkischen Lichtenfels haben dieses Verfahren mit ihren Teams entwickelt und es zur Anwendungsreife geführt: Airbus setzt das gemeinsam geschaffene Verfahren erstmals zur Herstellung eines Kabinenhalters aus Titan ein. Er dient dazu, den Crew-Ruheraum an Bord des neuen Langstreckenflugzeugs A350 XWB zu befestigen, und ist seit 2014 im Einsatz.

Das sogenannte „LaserCUSING®“ reduziert als „grüne Technologie“ nicht nur den ökologischen Fußabdruck der Fertigung, sondern verkürzt auch Ausfallzeiten der Flugzeuge während der Wartung: Benötigte Ersatzteile lassen sich nach Bedarf sofort und vor Ort drucken.

Bei Airbus plant man, den 3D-Druck künftig zur Herstellung weiterer Komponenten zu verwenden – und das innovative Verfahren zu nutzen, um neuartige konstruktive Elemente zu realisieren. Diese bionische Konstruktionsmethodik, entwickelt am LZN, ermöglicht nach dem Vorbild der Natur geformte Bauteile zu kreieren und damit bis zu 80% Gewicht zu sparen. Die so erzielte Gewichtsreduktion trägt maßgeblich zur Reduktion des CO2-Ausstoßes der kommenden Flugzeuggenerationen bei.

Neue Verfahrenstechnik: Schicht für Schicht − Bauteile aus Metall

Allerdings kamen bisher nur bestimmte Werkstoffe für die „additive Fertigung“ in Frage, etwa Kunststoffe oder leicht schmelzbare Legierungen. Durch das neue Verfahren können im 3D-Druck auch mechanisch und thermisch hoch-belastbare metallische Bauteile produziert werden. Das „LaserCUSING®“-Verfahren eignet sich etwa für verschiedene Stähle, Edelmetalle wie Gold- und Silberlegierungen sowie Legierungen auf Basis von Titan. Die Verarbeitung von Titan stellt jedoch sowohl konventionelle Fertigungsverfahren als auch das „LaserCUSING®“-Verfahren vor große Herausforderungen. Die intensiven Verfahrensentwicklungen vom Laser Zentrum Nord und Concept Laser, in enger Kooperation mit Airbus, ermöglichen nun eine qualitätsgesicherte Fertigung metallischer Bauteile für die Luftfahrt.

Pulverförmiges Metall wird mit dem energiereichen Licht eines Faserlasers bestrahlt und dadurch aufgeschmolzen. Nach dem Erkalten verfestigt sich das Material. Der Laser streicht computergesteuert Zeile für Zeile über das Metallpulver und lässt so die gewünschte Form entstehen. Um das komplette Produkt aufzubauen, wird es nach Fertigstellung jeder Schicht um einige Dutzend Mikrometer abgesenkt und danach die nächste Lage aufgebracht. Eine patentierte „stochastische“ Ansteuerung stellt sicher, dass sich auch große Bauteile, wie sie im Flugzeugbau benötigt werden, weitgehend spannungsfrei drucken lassen.

Digitale Innovation

Kern der Innovation ist der vollständig digitale Charakter des Fertigungsverfahrens. Damit lässt sich der 3D-Drucker in eine durchgängige digitale Prozesskette einbinden, bei der die einzelnen Herstellungsschritte samt Materiallogistik und Qualitätsprüfung automatisch ablaufen und aufeinander abgestimmt sind. Das revolutionäre Konzept, dessen Entwicklung und Umsetzung Forscher und Unternehmen in Deutschland führend vorantreiben, verwirklicht das Prinzip der Industrie 4.0.

Wachsender Markt

Die Bedeutung des 3D-Drucks von metallischen Produkten reicht weit über den Flugzeugbau hinaus. Die Technologie wird voraussichtlich in vielen Branchen wie dem für Deutschland besonders wichtigen Fahrzeug-, Maschinen- und Anlagenbau sowie in der Medizintechnik konventionelle Fertigungsmethoden ersetzen oder ergänzen. Fachleute erwarten, dass der Markt für den 3D-Druck in den nächsten Jahren auf das Fünffache wachsen wird.

Quelle: Presseservice Deutscher Zukunftspreis

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