Presse // 15. November 2016
Ideen der Natur als Quelle für Innovationen verstehen und weiterdenken
„Erfindungen, die die Natur hervorgebracht hat, auf technische Entwicklungen zu übertragen – das finden auch junge Menschen attraktiv. So werden komplexe Zusammenhänge zu den Themen Biologie, Technik und Wirtschaft leichter verständlich und der Weg zur Entwicklung nachhaltiger Gebrauchsgegenstände vereinfacht“, sagte Dr. Matthias Miersch, MdB und Kuratoriumsmitglied der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), in Burgdorf. Mit rund 330.000 Euro fördert die DBU ein neues Bildungsprojekt, das das Bionik-Kompetenznetz BIOKON mit der Green Economy Academy (GEA) durchführt. Es sollen Lehrmodule und Unterrichtseinheiten entwickelt werden, die durch Schüler der Berufsbildenden Schulen (BBS) Burgdorf erprobt werden.
Bionik für systemisches Denken
Dass die Bionik fasziniert, systemisches Denken anregt und interdisziplinäres Arbeiten braucht, veranschaulichte BIOKON-Geschäftsführer Dr. Rainer Erb am Beispiel der Haihaut: „Wir Bioniker haben in Fachdisziplin-übergreifender Arbeit den komplexen Bauplan der Haihaut entschlüsselt und daraus einen Silikonanstrich entwickelt. Er vermindert den unerwünschten Unterwasserbewuchs von Schiffsrümpfen durch Algen, Seepocken und Muscheln, das sogenannte Fouling, um bis zu 70 Prozent. Der dadurch verminderte Strömungswiderstand verringert den Treibstoffverbrauch gegenüber auch nur geringfügig bewachsenen Schiffen um bis zu 30 Prozent und kann somit bei großflächigem Einsatz Millionen Tonnen Treibstoff sparen helfen.“ So könnten Umweltbelastungen vermieden und Kosten eingespart werden. Gleichzeitig würden die bisher als Antifouling-Anstrich eingesetzten umweltschädigenden TBT- und Kupferverbindungen ersetzt. „Bionik basiert auf ganzheitlichem Denken, das wir mit neuen Angeboten in der Berufsbildung verankern wollen“, so Erb.
Komplexe Zusammenhänge durch Bionik begreifen
Mit biologischem Hintergrundwissen, technischen Kenntnissen und cleveren Ideen lasse sich wie beim oben genannten Beispiel die Entwicklung nachhaltiger Produkte für die berufliche Bildung interessanter gestalten. Konsumgüter könnten nach Darstellung der DBU sowohl bei der Herstellung als auch in der Nutzungs- und Nachnutzungsphase die Umwelt erheblich belasten. Im Rahmen des beantragten Vorhabens werde dieser Aspekt in den Blick genommen: Ziel sei es, mit Hilfe der Bionik das Interesse zu wecken und komplexe Zusammenhänge besser zu verstehen. Anhand konkreter Modell-Beispiele, insbesondere im Zusammenhang mit Entwicklungen aus mittelständischen Unternehmen, bearbeiten die Schülerinnen und Schüler die Frage, wie sie ein Gebrauchsgut mit Hilfe bionischer Innovationen nachhaltiger machen könnten, erläutert Erb. Die Betrachtung werde ausgeweitet auf den gesamten Produktlebenszyklus. Die Schülerinnen und Schüler könnten dabei verschiedene Optionen etwa in der Lieferkette, in Marketing- und Kommunikation bis hin zum Vertrieb und den damit verbundenen Effekten auf Natur und Umwelt erleben – die Botschaft dahinter: „Auch das Drehen an kleinen Stellschrauben kann bedeutsame große Nachhaltigkeitseffekte erzeugen.“
Durchdachtes Bildungskonzept mit Leitfaden und Lehrerfortbildungen
BBS-Schulleiter Gerhard Klaus hob hervor: „Als Lehrer tragen wir Mit-Verantwortung dafür, dass Folgegenerationen Problemlösekompetenzen entwickeln. Schon frühere Projekte haben an der BBS bewiesen, dass eine praxisnahe Herangehensweise die Motivation der Schülerinnen und Schüler beflügelt und ihnen die Ideen für Neuentwicklungen kaum ausgehen.“ In diesem Zusammenhang sehe er das Projekt der DBU als vielversprechend an. Daher freue er sich, dass die von BIOKON und GEA entwickelten Unterrichtsmodule sowie Lehr- und Lernformate themenübergreifend und interdisziplinär in den BBS Burgdorf erprobt werden.
Darüber hinaus planet BIOKON, dass Schülerinnen und Schüler verschiedener Fachrichtungen eine gemeinsame Projektarbeit zum Thema „Entwicklung und Vertrieb nachhaltiger Gebrauchsgüter“ durchführen. Die Ergebnisse sollen in einem speziellen Leitfaden für Multiplikatoren verbreitet werden. Ergänzend seien drei „Summer Schools“, Lehrerfortbildungen, sogenannte „Massive Open Online Courses“ (Moocs), eine Aufbereitung der Module in virtueller Form im Internet, eine externe Evaluation sowie eine Präsentation der Ergebnisse auf der Hannover Messe und an weiteren Standorten geplant.