BIOKON – Das Bionik-Kompetenznetz

Nachrichten mit Nachhall

Das Schönste, was wir entdecken können, ist das Geheimnisvolle.
Albert Einstein, Physiker

Bionik ist das anwendungsorientierte Zusammenspiel von Wissenschaft und forschenden Unternehmen. Ihre Ergebnisse zielen auf Innovationen nach dem Vorbild der Natur. Sie sollen immer das Potenzial haben, Ideengeber für ein besseres Morgen zu sein. Solchen erfolgreichen Lösungen schaffen Nachrichten mit Nachhaltigkeit.

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Aktuelles // 19. Dezember 2013

Neuer BIOKON-Vorstand

Im Rahmen der Mitgliederversammlung im Poppelsdorfer Schloss in Bonn haben die BIOKON-Mitglieder ihren neuen Vorstand gewählt. Die Amtszeit beträgt drei Jahre. BIOKON-Geschäftsführer Dr. Rainer Erb freut sich, dass im fünfköpfigen Vorstandsteam des interdisziplinären Kompetenznetzes auch weiterhin Biologen und Ingenieure, Wissenschaftler und Unternehmensvertreter vertreten sind.

Neue Vorstandsvorsitzende ist Frau Professorin Antonia Kesel von der Hochschule Bremen. Sie war auch bereits Mitglied im „alten“ Vorstand des Bionik-Kompetenznetzes. In Bremen leitet sie den internationalen Studiengang Bionik und ist Vorsitzende der VDI-Fachgesellschaft Technologies of Life Sciences und des VDI-Fachbeirates Bionik.

Stellvertretender Vorstandsvorsitzender ist Wolfgang Sachs, geschäftsführender Gesellschafter der sachs engineering GmbH. In den beiden Arbeitsbereichen Gestalt- und Topologieoptimierung der sachs engineering als Kompetenzzentrum für Ingenieurdienstleistungen werden die bionischen Methoden „Computer Aided Optimization“ und „Soft Kill Option“ nach Prof. Claus Mattheck angewendet.

Professor Dr. Stanislav Gorb leitet den Bereich Funktionelle Morphologie und Biomechanik der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Er war auch bereits Mitglied im alten Vorstand und beschäftigt sich unter anderem mit funktionellen Oberflächen von Pflanzen und Tieren. Ziele sind zum Beispiel spezielle Haptikeigenschaften und bionische Haftsysteme.

Doktor Michael Herdy ist Wissenschaftler und Berater bei der inpro Innovationsgesellschaft für fortgeschrittene Produktionssysteme in der Fahrzeugindustrie. Diese GmbH ist ein Joint Venture von Volkswagen, Daimler, ThyssenKrupp, Siemens und Sabic sowie dem Land Berlin. Dr. Herdy ist Spezialist für bionische Optimierungsmethoden, insbesondere die Evolutionsstrategie nach Prof. Rechenberg.

Professor Dr. Thomas Speck, Vorstandsvorsitzender des letzten Vorstandes, ist Professor für Botanik: funktionelle Morphologie und Bionik. Er ist auch Direktor des Botanischen Gartens der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und Leiter der Plant Biomechanics Group. Hier stehen unter anderem bio-inspirierte Materialien und Strukturen bis hin zur bionischen Selbstheilung im Mittelpunkt.

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Aktuelles // 17. Dezember 2013

Gips-Schüle-Forschungspreis für BIOKON-Mitglieder

Nach dem Vorbild der Paradiesvogelblume
Ein neuartiger Klappmechanismus ohne Gelenke und Scharniere: Für die bionische Fassadenverschattung Flectofin® und die darauf basierenden Weiterentwicklungen erhalten die BIOKON-Mitglieder Prof. Dr. Thomas Speck, Direktor des Botanischen Gartens der Albert-Ludwigs-Universität, Prof. Dr. Jan Knippers vom Institut für Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen der Universität Stuttgart, Dr. Markus Milwich vom Institut für Textil- und Verfahrenstechnik Denkendorf sowie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den erstmals vergebenen Gips-Schüle-Forschungspreis. Die Gips-Schüle-Stiftung dotiert den Preis mit 40.000 Euro und wird ihn künftig alle zwei Jahre verleihen.
Flectofin® ist eine von der Natur inspirierte, wandelbare Konstruktion für die Architektur: Sie funktioniert wie eine vertikale Jalousie. Bei dem stufenlos einstellbaren Klappmechanismus lässt sich die Ausrichtung der Lamellen nach Bedarf verändern. Auf verschleißanfällige und wartungsintensive Gelenke und Scharniere haben die Forscherinnen und Forscher jedoch verzichtet. Stattdessen basiert die elastische Verformung auf dem Klappmechanismus in der Blüte der Strelitzie. Die Blume wird in ihrer Heimat Südafrika von Vögeln bestäubt, die sich auf einer von der Pflanze gebildeten „Sitzstange“ aus verwachsenen Blütenblättern niederlassen. Durch das Gewicht des Vogels klappen die Blütenblätter auf und die Pflanze gibt Pollen ab, die der Vogel auf die nächste Blüte überträgt.

Grundlage für den Flectofin®-Klappmechanismus ist ein glasfaserverstärkter Kunststoff, der hochelastische Eigenschaften hat und gut verformbar ist. Das Auf- und Zuklappen der Lamellen ist an das Biegen eines in die Lamelle integrierten Stabes gekoppelt, wodurch sie um bis zu 90 Grad umklappt. Das Grundprinzip lässt sich zu verschiedenen Versionen weiterentwickeln. Da der Klappmechanismus ohne technische Gelenke oder Scharniere funktioniert und sich die Flectofin®-Systeme auch auf aufwändig zu schattierende, gekrümmte Fassaden anbringen lassen, erhoffen sich die Forscher einen wichtigen Impuls für das moderne Bauwesen. Die Flectofin®-Verschattung kann von Einfamilienhäusern bis hin zu großen, 20 bis 30 Meter hohen Fassaden verwendet werden. Das Forschungsteam hat für die Technologie bereits den „Techtextil Innovationprize 2011 – Architecture“ von Europas größter und wichtigster Industriemesse für Technische Textilien sowie 2012 den „International Bionic-Award“ der Schauenburg-Stiftung erhalten.

Die Gips-Schüle-Stiftung wurde 1965 mit dem Vermögen der Familie Schüle errichtet, die 1870 die erste Gipsfabrik in Stuttgart gegründet hatte. Ihr Zweck ist die Förderung von angewandter, fächerübergreifender Forschung und Lehre sowie des wissenschaftlichen Nachwuchses. Mit dem Preis prämiert sie fächerübergreifende Forschungsprojekte mit hohem Innovationspotenzial und nachhaltigem Nutzen für die Gesellschaft.

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Presse // 26. Mai 2013

Ölbienen, Wüstenflughühner und Filter

Ölbienen und Wüstenflughühner sollen als Vorbild für revolutionäre, umweltschonende Filtersysteme dienen. In einem entsprechenden Bionik-Projekt suchen Wissenschaftler des Instituts für Textil- und Verfahrenstechnik (ITV) Denkendorf zusammen mit Experten der Universität Bonn und der Henkel AG nach neuen Wegen bei der Abwasseraufbereitung.

Bionik vereint Biologie und Technik. Im Mittelpunkt steht das Lernen von der Natur, deren Funktionsprinzipien in Milliarden Jahren evolutionärer Entwicklung optimiert wurden und Ideengeber für nachhaltige und innovative Anwendungen sind.  

In diesem Fall ist die Fähigkeit einiger Bienenarten zum Umgang mit Ölen ins Visier der Wissenschaftler geraten. Die Insekten sammeln Öle aus Blüten und transportieren sie tropffrei in spezialisierten Strukturen zu ihren Nestern. Im Nest wird das Öl nahezu rückstandslos ausgekämmt. Bei technischen Oberflächen sind bisher keine ähnlich effizienten Strukturen entwickelt worden. Weitere biologische Vorbilder sind Wüstenflughühner, die große Mengen Wasser in ihrem Brustgefieder tragen können.  

Ziel des Projekts ist es nun, von diesen biologischen Vorbildern ausgehend, neue faserbasierte Filtersysteme zu entwickeln. Diese neuen Methoden und Materialien sollen eine hinreichende Trennung von Öl aus wässrigen Medien gewährleisten bei gleichzeitiger Umweltschonung durch eine effektive Abwasseraufbereitung.

Dem Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz (INRES) der Universität Bonn kommt dabei die Aufgabe zu, die Transportstrukturen bei den Naturvorbildern aufzuklären und so die Basis zur technischen Übertragung zu legen. Das Institut für Numerische Simulation (INS) unterstützt das Verbundvorhaben mit einer Simulation der Haare und Fasern bei Kontakt mit Ölen auf Mikroebene.

Als Industriepartner definiert die Henkel AG die wichtigen Emulsions- beziehungsweise Reinigersysteme sowie die erforderlichen Trenn- und Aufbereitungsprozesse. Auf den Strukturvorschlägen aufbauend werden am ITV Denkendorf dann innovative technische Filtermaterialien und Filtersysteme entwickelt und erprobt.  

"Das neu zu entwickelnde bionische Badreinigungsverfahren mit faserbasierten Filtermaterialien soll sich gegenüber den Membranverfahren und Zentrifugalkraftabscheidern in einer höheren Robustheit der Anlage und in einer einfacheren und zuverlässigeren Verfahrenstechnik auszeichnen", sagt Projektchef Dr. Thomas Stegmaier vom ITV Denkendorf: "Da die neuen textilen Werkstoffe zur Ölaufnahme, zum Öltransport und zur Speicherung wieder verwendbar sein sollen, fallen keine Einwegprodukte an, die kosten- und energieaufwändig sind und zudem umweltbelastend entsorgt werden müssen. Ausstattungen von Waschanlagen mit derartigen Öltrennverfahren reduzieren die Belastung von Grundwasser und Oberflächengewässern als auch den Verbrauch von Reinigungschemikalien."

Quasi nebenbei helfen die Ölbienen und Wüstenflughühner damit auch beim Geld sparen.

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Presse // 6. Mai 2013

Die blaue Schildkröte

„Blaue Schildkröte“ wird die Sporthalle in Odessa am Schwarzen Meer liebevoll genannt. Sie ist ein Vorzeigeprodukt der in Berlin – Pankow beheimateten Dr. Mirtsch Wölbstrukturierung GmbH, die nach dem Vorbild der Natur – ob nun Schildkrötenpanzer oder Schlangenhaut – Werkstoffe mit innovativen Wölbstrukturen entwickelt und produziert. Die Materialien mit wabenähnlichen Mustern sind nicht nur vergleichsweise steifer, sondern auch thermostabiler, widerstandsfähiger, strömungsgünstiger und blendärmer.

Die Boehme Haustechnik GmbH nahm das Rollformen und die Montage für das Odessa Projekt vor. In Odessa zum Beispiel bringt das wölbstrukturierte Aluminiumblech etwa 30 Prozent Gewichtseinsparung gegenüber der konventionell glatten Konstruktion. Die früher gefürchteten Hagelschäden sind infolge der hohen Steifigkeit und der diffusen Lichtbrechung kaum sichtbar. „Was die Evolution geleistet hat, ist einfach fantastisch. Da können wir noch viel lernen“, sagt Firmenchef Professor Frank Mirtsch.

Er ist überzeugt, dass bionischen Produkten die Zukunft gehört. Bionik vereint Biologie und Technik. Im Mittelpunkt steht das Lernen von der Natur, deren Funktion-prinzipien in Milliarden Jahren evolutionärer Entwicklung optimiert wurden und Ideengeber für nachhaltige und innovative Anwendungen sind. Die Dr. Mirtsch Wölbstrukturierung GmbH bildet in Metallblechen und Folien mit ihrer patentierten Wölbstrukturierungstechnik eine der Natur, gemäß dem Energieminimierungsprinzip, nach-empfundene Struktur. Durch die Wölbstrukturen mit dem Namen PowerStruct® können Bauteile wesentlich leichter ausgeführt werden.

Dadurch sinken gleichzeitig die Materialkosten. Deshalb ist die Firma auch mit dem Deutschen Materialeffizienzpreis des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie ausgezeichnet worden. Weitere Vorteile: Vorveredelte Oberflächen bleiben während des Wölb-Umformprozesses quasi unverändert. Außerdem wird störendes Dröhnen von schwingenden Bauteilen stark reduziert.

All diese Vorzüge kommen zum Beispiel in der patentierten Schontrommel mit Wabenstruktur in der Waschmaschine der Firma Miele zum Tragen. Sie ermöglicht ein schnelles und zugleich besonders schonendes Waschen. Miele jubelt über die „sanfte Revolution“ in der „weltweit ersten bionischen Waschmaschinentrommel“, die einen wäscheschonenden „Quantensprung“ bringe. Auch im Mercedes SLK – wo eine wölbstrukturierte Rückwandplatine Material spart, geräuschmindernd wirkt und einen geringen Bauraum beansprucht sowie in der blendarmen Leuchte Hexal der Firma Osram (früher Siteco) kommen die bionischen Werkstoffe erfolgreich zum Einsatz.   

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Presse // 6. Mai 2013

Eine Pflanze hilft beim Ölsparen

Die schneebesenartigen Haarstrukturen einer Wasserpflanze könnten den weltweiten Rohölverbrauch künftig um bis zu ein Prozent senken. Das zumindest ist das Ziel eines Bionik-Projektes des Nees-Institutes für Biodiversität der Pflanzen an der Universität Bonn in Zusammenarbeit mit der Universität Rostock, dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und hochkarätigen Partnern aus der Wirtschaft.

Dabei soll der sogenannte Salvinia-Effekt®, die Fähigkeit eines Schwimmfarnes, dauerhaft eine Luftschicht unter Wasser zu halten, als Vorbild für die Entwicklung eines speziellen Schiffsanstrichs dienen.  Der Großteil der Güter wird heutzutage mit Schiffen rund um den Globus transportiert.

In der Schifffahrt gehen bis zu 70 Prozent der Antriebsenergie durch die Reibung des Wassers am Schiffsrumpf verloren. Dieser Energieverlust lässt sich um etwa zehn Prozent reduzieren, wenn Rumpf und Wasser durch eine Luftschicht voneinander getrennt sind. Um diesen Effekt nutzbar zu machen, muss die Luftschicht dauerhaft auf der Rumpfoberfläche erhalten bleiben.  

Helfen sollen nun Mutter Natur und die Bionik. Die Querschnittswissenschaft vereint Biologie und Technik. Im Mittelpunkt steht das Lernen von der Natur, deren Funktionsprinzipien in Milliarden Jahren evolutionärer Entwicklung optimiert wurden und Ideengeber für nachhaltige und innovative Anwendungen sind.  

Bei diesem Vorhaben wollen die Projektpartner die Fähigkeit zahlreicher Pflanzen und Tiere nutzen, die beim Untertauchen von einer Luftschicht überzogen, die dafür sorgt, dass diese beim Auftauchen absolut trocken sind. Verantwortlich für die Lufthaltung sind meist feine Haarstrukturen, die je nach Pflanzen- oder Tierart sehr unterschiedlich beschaffen sind.  

Im Projekt sollen die komplexen Strukturen der Luft haltenden Oberflächen untersucht und die zugrunde liegenden Funktionsprinzipien aufgeklärt werden. Neben der morphologischen und biomechanischen Charakterisierung spielt die strömungsmechanische Untersuchung mittels hochauflösender Micro Particle Image Velocimetry eine zentrale Rolle.

Aus den gewonnenen Erkenntnissen soll nach Projektende in enger Zusammenarbeit mit den Industriepartnern, wie den Blohm- und Voss-Nordseewerken, der Prototyp einer unter Wasser Luft haltenden Schiffsbeschichtung nach dem Vorbild der Natur entwickelt werden. Der bisherige Ansatz anderer Wissenschaftler und der Industrie zur Nutzung der reibungsreduzierenden Eigenschaften einer Luftschicht basiert darauf, feine Luftbläschen mittels Kompressoren aktiv unter den Schiffsrumpf zu blasen. Das kostet zusätzliche Energie.  

Bei den in diesem Vorhaben untersuchten biologischen Vorbildern wird eine Luftschicht aufgrund der Geometrie und Oberflächenchemie der Strukturen rein passiv über Zeiträume von bis zu mehreren Monaten gehalten. „Gelingt der Transport dieses Natur-Phänomens in die Technik, könnten Reedereien wegen der Treibstoffersparnis signifikant Kosten reduzieren. Zugleich profitiert wegen des sinkenden Verbrauchs und Schadstoffaustoßes die Umwelt“, sagt Professor Dr. Wilhelm Barthlott vom Nees-Institut dazu.

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Presse // 6. Mai 2013

Feuermelder nach Prachtkäfer-Art

Feuermelder nach Prachtkäfer-Art sollen künftig Großbrände vermeiden. Bestimmte Insekten fliegen gezielt Waldbrände an, da sie auf die Nutzung von den durch das Feuer geschaffenen Nahrungsressourcen spezialisiert sind. Einige dieser ca. 40 Insektenarten „spüren“ dabei das Feuer durch spezielle Infrarotrezeptoren.

Diese dienen in einem vom Institut für Zoologie der Universität Bonn geführten Bionik-Projekt als natürliches Vorbild für neuartige technische Sensoren. Bionik vereint Biologie und Technik. Im Mittelpunkt steht das Lernen von der Natur, deren Funktionsprinzipien in vielen Millionen Jahren evolutionärer Entwicklung optimiert wurden und Ideengeber für nachhaltige und innovative Anwendungen sind.   

„Waldbrände verursachen allein in der Europäischen Union jährlich Schäden in Höhe von 2,5 Milliarden Euro. Eine effektive Früherkennung kann helfen, die Entstehung von verheerenden Großbränden zu verhindern. Neuartige, bionische Infrarotsensoren, die im Rahmen des Projektes auch nach dem Vorbild des Schwarzen Kiefernprachtkäfers entwickelt werden, sollen künftig dabei helfen“, erklärt Projektchef Professor Helmut Schmitz von der Uni Bonn.  

Als unmittelbare Vorlage zu ihrem Bau dienen die sogenannten photomechanischen Infrarotrezeptoren von Prachtkäfern der Gattung Melanophila. Durch Modellierung eines großen Öltankfeuers, welches in Kalifornien unglaublich große Mengen von Melanophila-Käfern anlockte, kann es als wahrscheinlich angesehen werden, dass die Käfer ein Großfeuer mit Hilfe ihrer IR-Sensoren aus über 100 km Entfernung orten können.

Die thermomechanischen Eigenschaften der Infrarotstrahlung absorbierenden Strukturen werden zudem mit modernen materialwissenschaftlichen Methoden untersucht, um die Wirkmechanismen auch im Mikro- und Nanobereich zu verstehen. Mit den an den biologischen Infrarotrezeptoren gewonnenen Ergebnissen werden bereits seit einigen Jahren verschiedene Demonstratoren und Prototypen technischer photomechanischer Infrarotsensoren hergestellt.  

Hervorstechende Vorteile derartiger Sensoren sind eine relativ einfache Bauweise, die starke Miniaturisierung des einzelnen Sensorelements und eine geringere Störanfälligkeit. Die neuartigen Infrarotsensoren versprechen die Herstellung robuster Feuermelder und die Produktion von Feuer- sowie Hitzedetektoren zur Verwendung in Gebäuden und Fahrzeugen. Einfach zu betreibende und zu bedienende wärmebildgebende Sensoren könnten zudem als Nachtsichtassistenten in Automobilen, Infrarotsichtgeräten für Feuerwehreinsätze sowie der Grenzüberwachung und Minen-suche eingesetzt werden.

Weitere Anwendungsfelder sind Diagnoseverfahren in der Medizin, Temperaturüberwachung in der Industrieproduktion oder die Qualitätssicherung im Baugewerbe. Beispielsweise ermöglichen einfach zu handhabende Infrarotsichtgeräte, dass Hausbesitzer selbst Wärmeleckagen ihrer Häuser ermitteln und Verbesserungen an der Dämmung durchführen können. Dies hilft bei der Energieeinsparung im privaten Bereich – dem Prachtkäfer sei Dank.

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Presse // 6. Mai 2013

Insektenaugen retten Menschenleben

„Insektenaugen“ retten Menschenleben. Was nach Science-Fiction klingt, wird in Jena zur Realität. Ein vom Fraunhofer Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF in Jena geführtes bionisches Forschungsprojekt entwickelt Insekten-inspirierte optische Systeme.

Die Minikameras könnten zum Beispiel im Innenraum von Autos eingesetzt werden, um die Augenbewegungen des Fahrers zu beobachten und einen drohenden Sekundenschlaf zu erkennen. Der optische Sensor nach dem Facettenaugenprinzip von Insekten würde dann schwere Unfälle und Todesopfer im Straßenverkehr verhindern helfen.  

Der geringe Abstand zwischen Linse und Fotorezeptoren sowie die geringe Größe der Optik machen Facettenaugen zu einem perfekten Vorbild für technische Kamerasysteme. Bisher realisierte künstliche Facettenaugen können aufgrund ihrer geringen Bildqualität jedoch nur als einfacher abbildender optischer Sensor eingesetzt werden.

Deshalb werden im Rahmen dieses inter-disziplinären Projektes, das Tierphysiologie, Experimentalphysik und Mikrooptik-Technologie miteinander verknüpft, aus dem Verständnis natürlicher Facettenaugenprinzipien ganz neue Wege in der Entwicklung optischer Systeme gegangen. Insbesondere werden neuartige Prinzipienkombinationen untersucht, die eine deutlich höhere Auflösung der ultrakompakten Objektive zulassen. Dies erfordert ein beträchtlich komplizierteres Optikdesign, modifizierte Technologien der Mikrooptik und komplexere Aufbau- und Verbindungstechnik.  

„Die resultierenden facettierten ultraflachen Abbildungssysteme liefern Bildauflösungen, die ihren Einsatz in der Mikroskopie, im Gesundheitswesen, der Überwachungstechnik oder sogar als sehr kompakte Kamera im Mobiltelefon erlauben“, sagt Dr. Robert Leitel vom Fraunhofer-Institut IOF. Mit seiner geringen Baulänge wäre dieses Objektiv theoretisch sogar in Kreditkarten oder Folien anwendbar. Leitel: „Wir lernen von den Insekten. Das ist Bionik live.“

Bionik vereint Biologie und Technik. Im Mittelpunkt steht das Lernen von der Natur, deren Funktionsprinzipien in Milliarden Jahren evolutionärer Entwicklung optimiert wurden und Ideengeber für nachhaltige und innovative Produkte sind.  

Ein wesentlicher Inhalt des Facettenaugen-Projektes besteht auch in der Entwicklung kosteneffizienter Massenfertigungsverfahren der Polymermikrooptiken auf Glas im Wafermaßstab für die neuartigen Insekten-inspirierten optischen Systeme. Das ist die Voraussetzung für die kosteneffektive Fertigung am Hochlohn-Standort Deutschland. Zudem werden durch die Mini-Kamera-Systeme nach Insekten-Vorbild Ressourcen geschont –  und Leben gerettet.

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Presse // 6. Mai 2013

Knochen als Vorbild

Der Knochen wird zum Vorbild für den idealen Leichtbau. In einem von Fraunhofer IFAM geführten bionischen Projekt werden auf Basis von Knochenumbauprozessen computergestützte Methoden zur Konstruktion, Simulation und Fertigung gradierter zellularer Strukturen entwickelt. Ziel ist zum Beispiel der Einsatz von Dauerimplantaten im Kieferbereich oder Leichtbaustrukturen für den Automobil-, Flugzeug- und Anlagenbau.  
„Der Knochen mit seiner massiven, dichten äußeren Randschicht, der Kompakta, und den schwammartigen Knochenbälkchen, der Spongiosa, als natürlich gewachsene Verbundstruktur gewährleistet eine hohe Steifigkeit bei geringem Gewicht“, erklärt Dr. Andreas Burblies vom Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und angewandte Materialforschung (IFAM): „Wir wollen diese geniale Entwicklung der Natur auch in der Technik nutzbar machen.“

Das Fraunhofer IFAM hat deshalb das sogenannte MPTO-Verfahren (Multi Phase Topology Optimization) entwickelt, das die örtliche Verteilung verschieden dichter Materialien in einer mechanisch belasteten Struktur mit dem Ziel hoher Steifigkeit optimiert. Mit MPTO können Faserstrukturen des Knochenschwamms im menschlichen Oberschenkelknochen in guter Übereinstimmung mit Röntgenaufnahmen nachge-ahmt werden.  
 Das in diesem Vorhaben entwickelte Software-Programm PoreDesign ermöglicht die Abbildung der Dichteverteilung des Knochens auf eine schwammartige Struktur, die mittels moderner Fertigungsverfahren erzeugt werden kann. Die mit den neuen Methoden gewonnenen Leichtbaustrukturen aus Titanlegierungen, Aluminium oder Keramiken weisen im Vergleich zu konventionellen Lösun-gen bis zu 30 Prozent Gewichtsersparnis bei einem sehr geringen Steifigkeitsverlust auf.

Insbesondere für Anwendungen mit bewegten Massen, wie Autos, Flugzeuge und Maschinen, führt dies bei der Bewegung zu einem entsprechend niedrigerem Energieverbrauch und damit zu nachhaltigen Produkten. Dies gilt in der Medizintechnik auch für die Lebensdauer von Endoprothesen, die für die Verbraucher zudem eine bessere Funktionalität als bei herkömmlichen Produkten bringen.  

Bei der Entwicklung der innovativen Leichtbauprodukte wird ein konsequent bionischer Ansatz genutzt. Bionik vereint Biologie und Technik. Im Mittelpunkt steht das Lernen von der Natur, deren Funktionsprinzipien in Milliarden Jahren evolutionärer Entwicklung optimiert wurden und Ideengeber für nachhaltige und innovative Anwendungen sind. 

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Presse // 6. Mai 2013

Kleben nach Gecko-Art

An der Decke kleben wie ein Gecko – das ist keine Utopie mehr. Möglich macht dies das patentierte Gecko-Tape®, das Bionik-Forscher der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel in Zusammenarbeit mit der Firma Gottlieb Binder entwickelt haben. 2011 hat die Hightech-Folie bei den weltweit renommierten iFProduct Design Awards bereits einen Hauptpreis abgeräumt.  

Die Jury war restlos begeistert: „Dieses Produkt hat seinen Gold Award verdient, weil das kein Klebeband ist, das klebt wie ein Klebstoff, sondern – dank seiner Oberflächenstrukturen – spurlos wieder entfernt werden kann. Das Material haftet nicht nur auf glatten, sondern auch an unebenen Oberflächen, sogar auf Menschenhaut, und deswegen hat es auch Potenzial für medizinische Anwendungen – einfach fantastisch!“  

Das Gecko-Tape ist den Haftmechanismen von Gecko- und Käferfüßen nachempfunden. Das ist ein Beispiel für Bionik. Diese Querschnittswissenschaft vereint Biologie und Technik. Im Mittelpunkt steht das Lernen von der Natur, deren Funktionsprinzipien in Milliarden Jahren evolutionärer Entwicklung optimiert wurden und Ideengeber für nachhaltige und innovative Anwendungen sind. Bei diesem neuen klebstofffreien System beruht die Haftkraft ausschließlich auf der besonderen Geometrie der Mikrostrukturen.  

Bei der Herstellung dient – wie beim Kuchenbacken – eine Form als Vorlage, in die gleichsam als Negativbild die gewünschte Oberfläche eingegossen werden kann. „Die künstlich hergestellte Folie kann immer wieder verwendet werden, löst sich rückstandsfrei und hält sogar auf feuchten, rutschigen Untergründen“, sagt Projektchef Professor Dr. Stanislav Gorb von der Universität Kiel stolz. Angewendet werden kann das innovative, umweltschonende und materialsparende Produkt in unterschiedlichsten Bereichen – vom Haushalt bis zur Medizin.  

Sogar der englische Fernsehsender BBC ließ sich von den einzigartigen Eigenschaften der Haftfolie überzeugen. Für einen Dokumentarfilm über Materialien der Zukunft machte das britische Team als einzige deutsche Station an der Christian-Albrechts-Universität halt. Dabei klebte Wissenschaftsjournalist Dr. Mark Miodownik an einer mit der Hightech-Folie versehenen 20×20 Zentimeter großen Plexiglasscheibe an der Decke – wie ein Gecko oder Spiderman.

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Presse // 6. Mai 2013

Fische helfen beim Trinkwasserschutz

Eine verblüffende Fähigkeit von Fischen soll künftig beim Kampf gegen die Wasserverschwendung helfen. In einem vom Institut für Zoologie der Universität Bonn geführten Bionik-Forschungs-vorhaben wurde das sensorische Seitenliniensystem der Fische entschlüsselt und daraus ein technischer Strömungssensor entwickelt. Damit lassen sich Lecks in Trinkwasserrohren aufspüren oder der Atemstrom von Intensivpatienten überwachen. Das Bundesforschungsministerium hat das Vorhaben als bestes Projekt im Bereich Sensorbionik ausgezeichnet.  

„Die Entwicklung von Strömungssensoren nach dem Vorbild des Seitenliniensystems der Fische erlaubt eine breit gestreute, präzise und kostengünstige strömungstechnische Überwachung“, sagt Projektchef und BIOKON-Mitglied Professor Horst Bleckmann von der Universität Bonn: „Die kleinen Sensoren erlauben eine größere Messgenauigkeit, sehr kleine Abmessungen und Kostenersparnisse.“

Bis zu 40 Prozent des Trinkwassers gehen in Städten durch Undichtigkeiten in Leitungssystemen verloren. Der von den Forschern der Universität Bonn zusammen mit der Firma Hydrometer in Ansbach entwickelte Sensor kann Lecks in Wasserrohren oder Gasleitungen aufspüren, da nach jedem Leck das Strömungsvolumen abnimmt.  

Das ist ein aktuelles Beispiel für bionische Forschung. Die Querschnittswissenschaft Bionik vereint Biologie und Technik. Im Mittelpunkt steht das Lernen von der Natur, deren Funktionsprinzipien in Millionen von Jahren evolutionärer Entwicklung optimiert wurden und Ideengeber für nachhaltige und innovative Anwendungen sind.  

In diesem Fall haben Fische „Pate“ für eine technische Entwicklung gestanden. Sie sind auch bei Dunkelheit sehr gut über ihre unmittelbare Umgebung informiert: Mit ihrem Seitenlinienorgan, das aus bis zu 4.000 winzigen Einzelsensoren besteht, nehmen sie hochempfindlich lokale Wasserbewegungen und Druckgradienten war, wie sie zum Beispiel von vorbeischwimmenden Artgenossen oder Feinden erzeugt werden. Sie nutzen diese Fähigkeit zur Ortung von Objekten, zur räumlichen Orientierung oder auch zum gezielten Energiesparen bei der Fortbewegung.  

Der nach Fisch-Vorbild entwickelte technische Sensor ist nicht einmal so groß wie ein Fingernagel. Und er soll vor allem bei der lückenlosen Überwachung von Gas- und Flüssigkeitsströmen helfen, die eine große wirtschaftliche Bedeutung hat. Zum einen, weil so die Wasserverschwendung eingedämmt werden kann. Zum anderen könnte ein stetiger Gas- oder Flüssigkeitsstrom erhebliche Energiemengen einsparen.

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Presse // 6. Mai 2013

Die Paradiesvogelblume als Pate

Die südafrikanische Paradiesvogelblume hat Pate für den Bau einer innovativen Fassadenverschattung gestanden. Das ist eine von Professor Thomas Speck vom Botanischen Garten der Universität Freiburg und Professor Jan Knippers vom Institut für Tragkonstruktion und Konstruktives Entwerfen der Universität Stuttgart initiierte Entwicklung nach dem Vorbild der Natur.

Für die „Bionische Fassadenverschattung nach dem Vorbild der Strelitzie“ – ein anderer Name für die Paradiesvogelblume – wurden die Forscher gemeinsam mit ihren Mitarbeitern, Industriepartnern und Dr. Markus Milwich vom ITV Denkendorf mit dem „Techtextil Innovationpreis – Architektur“ ausgezeichnet. Die Doktoranden/innen, die das Projekt bearbeiteten, erhielten für ihre Arbeiten im Oktober 2012 den „International Bionic-Award der Schauenburg-Stiftung“, den am höchsten dotierten Preis für Nachwuchsforscher/innen aus dem Bereich der Bionik.  

Die bionische Fassadenverschattung Flectofin® ist eine naturinspirierte, wandelbare Konstruktion für die Architektur: Sie funktioniert wie eine vertikale Jalousie. Bei dem stufenlos einstellbaren Klappmechanismus lässt sich die Ausrichtung der Lamellen nach Bedarf verändern. Auf verschleißanfällige und wartungsintensive Gelenke und Scharniere haben die Bionik-Projektentwickler dabei verzichtet.

Stattdessen basiert die elastische Verformung auf dem Klappmechanismus in der Blüte der Strelitzie. Die Blume wird von Vögeln bestäubt, die sich auf einer eigens von der Pflanze gebildeten „Sitzstange“ aus verwachsenen Blütenblättern niederlassen. Durch das Gewicht des Vogels klappen die Blütenblätter auf und die Pflanze gibt Pollen ab, die der Vogel auf die nächste Blüte überträgt.

Das Projekt ist ein Beispiel für Bionik. Diese Querschnittswissenschaft vereint Biologie und Technik. Im Mittelpunkt steht das Lernen von der Natur, deren Funktionsprinzipien in Milliarden Jahren evolutionärer Entwicklung optimiert wurden und Ideengeber für nachhaltige und innovative Anwendungen sind.

Hier ist die Grundlage für den Klappmechanismus nach dem Vorbild der Paradiesvogelblume ein glasfaserverstärkter Kunststoff, der hochelastische Eigenschaften hat und gut verformt werden kann. Das Auf- und Zuklappen der Lamellen ist an das Biegen eines in die Lamelle integrierten Stabes gekoppelt, wodurch sie um bis zu 90° umklappen.  

Dieses Grundprinzip lässt sich zu verschiedenen Versionen weiterentwickeln. Da der Klappmechanismus ohne technische Gelenke oder Scharniere funktioniert und sich die Flectofin®-Systeme auch auf aufwändig zu beschattende, gekrümmte Fassaden anbringen lassen, erhoffen sich die Forscher einen wichtigen Impuls für das moderne Bauwesen.

In einem weiteren Projekt ist es den Forschern aus Freiburg mit Kollegen aus Dresden und Denkendorf im Labor- und Technikumsmaßstab gelungen, die Vorzüge von Drachenbäumen und Kakteen auf verzweigte technische Leichtbau-Faserstrukturen zu übertragen. Als Anwendung sind hochbelastete Knotenpunkte in der Technik, zum Beispiel Achsträger im Automobilbau, denkbar. Dabei werden die Vorzüge der Drachenbäume und Kakteen wie gutartiges Bruchverhalten und gute Schwingungsdämpfung in die Technik transportiert.

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