Vorbild Paradiesvogelblume: Wandelbare Fassadenverschattung in der Architektur

Der Expo-Themen-Pavillon "One Ocean" 2012, Yeosu, Südkorea.

Best Practices // 31. Juli 2014

Vorbild Paradiesvogelblume: Wandelbare Fassadenverschattung in der Architektur

Bionik-Innovation
Die südafrikanische Paradiesvogelblume hat den Anstoß für die Entwicklung der optimalen Jalousie gegeben. Die bionische Fassadenverschattung Flectofin® ist eine wandelbare Konstruktion, bei der sich der Klappmechanismus stufenlos einstellen und sich die Ausrichtung der Lamellen nach Bedarf verändern lassen. Verschleißanfällige und wartungsintensive Gelenke und Scharniere fehlen bei der innovativen Konstruktion völlig. So kann ein deutliches Zeichen in Richtung Nachhaltigkeit gesetzt werden. Die bionische Erfindung wurde mit dem „Techtextil Innovationpreis – Architektur“ und dem „International Bionic-Award der Schauenburg-Stiftung“ ausgezeichnet.

Technische Anwendung
Ein von Professor Thomas Speck vom Botanischen Garten der Universität Freiburg und Professor Jan Knippers vom Institut für Tragkonstruktion und Konstruktives Entwerfen der Universität Stuttgart geführtes Forscherteam entwickelte das revolutionäre System. „Von der Natur kann man sich wie in diesem Fall den schonenden Umgang mit Ressourcen und den Leichtbau abschauen“, sagt Knippers. Die optisch an Fischkiemen erinnernde Konstruktion wurde 2012 bei der Verschattung des Expo-Pavillons im südkoreanischen Yeosu eingesetzt. Da der Klappmechanismus ohne technische Gelenke oder Scharniere funktioniert und sich die Flectofin®-Systeme auch auf aufwändig zu beschattende, gekrümmte Fassaden anbringen lassen ist die bionische Innovation ein Meilenstein für das moderne Bauwesen.

Bionisches Funktionsprinzip
„Thomas Speck brachte uns durch seine Beobachtungen der im Volksmund als Paradiesvogelblume bekannten Pflanze auf die Idee“, erzählt Knippers. „Wenn sich ein Nektarvogel auf die Blätter setzt, öffnen sich die pfeilförmigen Kronblätter nur durch das Gewicht des Vogels – und zwar ohne Gelenke, Nieten oder Schrauben.“ Dieses Prinzip wurde in die Technik umgesetzt. Die Grundlage für den Klappmechanismus ist hier ein glasfaserverstärkter Kunststoff mit hochelastischen Eigenschaften und guter Verformbarkeit. Das Auf- und Zuklappen der Lamellen ist an das Biegen eines in die Lamelle integrierten Stabes gekoppelt, wodurch sie um bis zu 90° umklappen können. Dieses Grundprinzip lässt sich zu verschiedenen Versionen weiterentwickeln.

Vorbild aus der Natur
Die bis zu zwei Meter hohe Paradiesvogelblume mit der berühmten Blüte hat für ihre Fortpflanzung über Jahrmillionen einen ganz besonderen Trick perfektioniert. Die Blume wird von Vögeln bestäubt, die sich auf einer eigens von der Pflanze gebildeten „Sitzstange“ aus verwachsenen Blütenblättern niederlassen. Durch das Gewicht des Vogels klappen die Blütenblätter auf und die Pflanze gibt Pollen ab, die der damit bestäubte Vogel auf die nächste Blüte überträgt. Vor allem der Nektarvogel nutzt diese ganz spezielle „Klapp-Möglichkeit“ sehr oft.

>> Zahlen <<

Bis zu 30 Meter
hohe Fassaden lassen sich mit Flectofin® verschatten.

41 Millionen Tonnen Öl und rund 111 Millionen Tonnen CO2
lassen sich nach Schätzungen des Physibel-Instituts in Maldegem (Belgien) pro Jahr durch intelligente Verschattungssysteme bei Gebäuden in Europa einsparen.

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