Unterwassermodems: Datenübertragung nach Delfin-Art

Bionisches Modem: drahtlos kommunizieren unter Wasser.

Best Practices // 31. Juli 2014

Unterwassermodems: Datenübertragung nach Delfin-Art

Bionik-Innovation
„Es ist kurios, dass wir solch hoch entwickelte Technologien haben, aber unter Wasser buchstäblich Funkstille herrscht.“ Mit dieser Feststellung wollte sich der Biologe und Unternehmer Dr. Rudolf Bannasch nicht zufriedengeben – und entwickelte in seiner Firma EvoLogics GmbH ein Unterwassermodem nach Delfin-Vorbild.
Damit können unter Wasser bei einer Reichweite von zwei Kilometern etwa 2.560 Byte pro Sekunde übertragen werden. Das ist knapp ein Drittel so viel wie bei einer ISDN-Leitung. Bisher müssen zum Beispiel U-Boote mehr Hundert Meter lange Drähte als Antennen hinter sich herziehen, um einfache Nachrichten empfangen zu können. Gesendet werden kann damit nicht.

Technische Anwendung
Rudolf Bannasch beobachtete die Kommunikation der Delfine − und entschlüsselte die Wirkungsweise ihres „Gesangs“. Physikalisch ist die Kommunikation unter Wasser so anspruchsvoll, weil die Echos von Schallwellen das ursprünglich ausgesendete Signal überlagern und unverständlich machen. Doch das neue Unterwassermodem nach Delfin-Vorbild ermöglicht nun eine zuverlässige Signalübertragung. Die denkbaren Anwendungen der neuen Technologie sind breit gefächert − und das nicht nur in U-Booten. Messsonden, Unterwasser-Roboter und vielfältige andere Gerätschaften der Meeresforschung, Umweltüberwachung und Off-Shore-Industrie (z.B. Ölförderindustrie und Windparks) könnten auch bei starkem Rauschen zuverlässig gesteuert und ganze Unterwasser-Datennetzwerke aufgebaut werden. Im deutschen Tsunami-Frühwarnsystem sorgen solche Spezialmodems für die Datenverbindung zwischen Bodenstation (bis 6.000 Meter Tiefe) und der Satellitenboje an der Oberfläche. Das System wird derzeit im Indischen Ozean erprobt.

Bionisches Funktionsprinzip
Bei einem Besuch am Schwarzen Meer beobachte Bannasch, dass Delfine ihre Bewegungen selbst in einem Becken mit zahllosen Echos perfekt koordinieren können. Er entschlüsselte das Geheimnis ihrer ausgefeilten Signaltechnik. „Konstante Töne gibt es bei den Delfinen nicht – sie tirilieren, pfeifen und zwitschern. Das ist der wichtigste Unterschied.“ Durch die ständige Änderung der Sprachfrequenz verhindern die Delfine, dass sich Signal und Echo stören. Andere Delfine können diese Signale trennen und entschlüsseln. Die von den Tieren erzeugten Laute haben Obertöne, deren Frequenz ein ganzzahliges Vielfaches des Grundtons ist. So etwas gibt es auch bei digital modulierten Signalen, wodurch größere Datenmengen übertragen werden können.

Vorbild aus der Natur
Delfine gehören zur Gruppe der Wale und gelten als die lernfähigsten und intelligentesten Tiere. Deshalb faszinieren sie die Menschen schon seit Jahrtausenden und wurden sogar lange als heilig verehrt. Die Meeressäuger sind sehr soziale Tiere, die teilweise in größeren Gruppen zusammenleben. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Kommunikation, die neben verschiedensten Lauten auch über direkten Körperkontakt funktioniert. Wegen ihrer Verspieltheit und Empathie werden Delfine therapeutisch bei der Heilung von kranken Menschen eingesetzt. Ihre außergewöhnliche Lernfähigkeit nutzen aber auch Militärs in den USA und Russland, um Seeminen an feindlichen Schiffen anzubringen oder Minen zu entschärfen.

>> BIOKON-PROFIL <<

Dr. Rudolf Bannasch, Polarbiologe und Bioniker, beschäftigt sich seit über 30 Jahren mit genialen Erfindungen der Natur. Eines sehr Spezialgebiete, die strömungsgünstige Körperform von Pinguinen, zählt mittlerweile zu den Klassikern der Bionik. Sie war für ihn Vorbild für den Bau von Unterwasserfahrzeugen. In seiner eigens gegründeten Firma EvoLogics GmbH arbeitet Bannasch an der Realisierung von weiteren bionisch inspirierten technischen Anwendungen.

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