Greifen mit dem Fischflossen-Effekt

Der adaptive bionische Greifer besteht aus einem pneumatischen Antrieb in einem robusten Grundkörper sowie drei Greiffingern. Diese sind mit dem Fin Ray Effect® (EvoLogics GmbH) ausgestattet und ermöglichen ein sicheres und zerstörungsfreies Greifen.

Best Practices // 31. Juli 2014

Greifen mit dem Fischflossen-Effekt

Bionik-Innovation
Adaptive Greifer mit dem Fin Ray Effect® setzen neue Maßstäbe. Sie passen sich der Kontur des zu greifenden Teils an – und können deshalb multifunktional eingesetzt werden. Dadurch wird sicheres und zerstörungsfreies Greifen selbst von leicht zerbrechlichen oder unregelmäßig geformten Werkstücken möglich. Zugleich sorgt das gegenüber vergleichbaren Seriengreifern um 80 Prozent niedrigere Gewicht für Materialersparnis und Ressourcenschonung.

Technische Anwendung
Der von der Festo AG entwickelte bionische Greifer DHDG bietet herausragende Einsatzmöglichkeiten zum Beispiel in einer Sortier- und Umsetzanlage von zerbrechlichen Schokoladeneiern. „Die flexible Struktur des adaptiven Greifers macht es sogar möglich, die Überraschungseier zu greifen, wenn sie geneigt oder nicht richtig positioniert sind“, sagt Ingenieur Federico Nardone vom italienischen Systemintegrator FluidoDinamica. Der adaptive Greifer ist deswegen für die Lebensmittelindustrie genauso geeignet wie beispielsweise für Sortierarbeiten von unregelmäßigen und empfindlichen Produkten wie Eier, Blumenzwiebeln oder Früchten. Auch im Maschinenbau oder bei Hilfs- und Unterstützungsarbeiten im Gesundheitsweisen kann der bionische Greifer neue Horizonte in der Anwendung erschließen.

Bionisches Funktionsprinzip
Fischflossen verhalten sich unter seitlicher Druckeinwirkung unerwartet. Drückt man zum Beispiel mit dem Finger leicht gegen die Schwanzflosse einer Forelle, so knickt diese nicht in Druckrichtung weg, sondern die Flosse bewegt sich entgegen der Druckrichtung zum Finger hin. Diesen Effekt bezeichnet man als Fin Ray Effect®. Entdeckt wurde er vom Berliner Bioniker Leif Kniese im Jahr 1997 im Angelurlaub. Gemeinsam mit seinem Kollegen Dr. Rudolf Bannasch entschlüsselte er die Wirkungsweise im Labor und meldete sie zum Patent an. Der Effekt beruht auf der Struktur der einzelnen Flossenstrahlen und wird in der Technik inzwischen vielfältig verwendet. Setzt man technische Flossenstrahlen zusammen, entsteht eine adaptive Zange. Der adaptive Greifer DHDG besteht aus einem pneumatischen Antrieb sowie drei Greiffingern mit dem Fin Ray Effect®.

Vorbild aus der Natur
Die Schwanzflossen der Knochenfische wurden im Lauf der Evolution auf seitliche Druckeinwirkung optimiert. Durch den Aufbau der Flossenstrahlen aus zwei Längsstrahlen und dazwischenliegendem Bindegewebe kann die Flosse eine kellenförmige Gestalt annehmen. In dieser „Kelle“ kann ein Wasservolumen eingeschlossen und nach hinten beschleunigt werden. Dadurch bewegt sich der Fisch hocheffizient nach vorne.

>> Zahlen <<

0,1 mm
dünne Schichten aus Polyamidpulver werden für den FinGripper im Selective Laser Sintering Verfahren nacheinander aufgetragen und zu einem festen Bauteil ausgehärtet.
Diese Bauweise ermöglicht die Reduktion des Gewichts an der Werkzeugaufnahme um 90% gegenüber einem herkömmlichen Greifer aus Metall.

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