Dornteufel inspiriert Motorenbauer

Der Dornteufel - die feuchtigkeitserntende Echse dient als biologisches Vorbild für bionisch funktionalisierte Oberflächen.

Presse // 6. Mai 2013

Dornteufel inspiriert Motorenbauer

Es klingt verrückt: Ein Trick des australischen Dornteufels soll künftig dabei helfen, die Lebenszeit von Motoren oder Pumpen zu verlängern. Die in den extrem trockenen Wüsten um den Ayers Rock beheimatete kleine Echse trinkt kein Wasser, ihr fließt es quasi in den Mund. Möglich macht das eine spezielle Schuppenstruktur, die kleinste Wassermengen aus der Umgebung sammelt und durch Kapillaren an der Oberfläche direkt zum Maul transportiert. Die Strukturen der Echsenhaut auf technische Bauteile zu übertragen und damit die Benetzung mit Schmierstoffen und anderen Fluiden zu verbessern, ist seit November 2012 das Ziel des Forschungsprojekts „BioLas.exe“. Das ist ein Beispiel für Bionik. Die Querschnittswissenschaft vereint Biologie und Technik. Im Mittelpunkt steht das Lernen von der Natur, deren Funktionsprinzipien in Milliarden Jahren evolutionärer Entwicklung optimiert wurden und Ideengeber für nachhaltige und innovative Anwendungen sind.

Das „Echsen-Projekt“ ist eine Kooperation zwischen Biologen der RWTH Aachen im Lehr- und Forschungsgebiet Zelluläre Neurobionik und den Technikern des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnologie IPT. Die Partner wollen in den kommenden drei Jahren die Schuppenstrukturen feuchtigkeitserntender Echsen untersuchen und diese mit dem Verfahren des Laserstrahlstrukturierens auf Bauteilen, zum Beispiel aus Stahl oder Messing, nachbilden. Die bionischen Oberflächen können etwa auf Lagern, Wellen oder Dichtungsringen dazu dienen, Flüssigkeiten wie Öle, Schmierstoffe oder Kühlmittel besser zu verteilen und den Verschleiß von Pumpen und Motoren zu verringern.
Aufgabe der Biologen ist es, dafür zunächst die Strukturen und Kapillareffekte der Echsenhaut zu untersuchen und geeignete Gestaltungsmuster für den Einsatz in technischen Systemen zu ermitteln. Die bionischen Strukturen, die die Echsenhaut zum Vorbild nehmen, flexibel und präzise in verschiedene Werkstoffe einzubringen, ist die Aufgabe der Produktionstechniker. Hier setzen die Fraunhofer-Forscher auf das Verfahren des Laserstrahlstrukturierens. Dabei trägt ein Laser in der Bearbeitungsmaschine gezielt Material von der Bauteiloberfläche ab und kann selbst komplex geformte Oberflächen mit nahezu beliebigen Strukturen versehen. Je nach Strukturmuster lässt sich so die Benetzungsfähigkeit der Oberflächen gezielt einstellen. Die mikroskopisch kleinen Strukturen auf die komplex geformten Bauteiloberflächen zu übertragen, wird die Forscher jedoch auch unter Anwendung dieses High-Tech-Verfahrens vor eine besondere Herausforderung stellen: Größe, Geometrie sowie Nano- und Mikrotopografien müssen exakt eingehalten werden, um die gewünschte Funktion sicherzustellen. Die Projektpartner nutzen dafür  eine selbst entwickelte Software, welche die Strukturen digital auf die frei geformten Oberflächen überträgt und das Benetzungsverhalten auf dem Bauteil simuliert. Ziel soll es sein, dass die Struktur sich eigenständig und „intelligent“ über die komplette Oberfläche des Bauteilmodells ausbreitet.

Auch ein Katalog an geeigneten Strukturen, die durch die Biologen geprüft und von den Produktionstechnikern erprobt sind, wird Bestandteil der Software werden. Anhand ausgewählter Anwendungen wollen das Institut für Biologie und das Fraunhofer IPT die Marktfähigkeit des Verfahrens und sein Potenzial für die industrielle Anwendung nachweisen. Fundierte Kosten-Nutzen-Betrachtungen mit Blick auf konkrete Produkte sollen sicherstellen, dass das Verfahren bis zur Marktreife geführt werden kann. Das Projekt wird für eine Laufzeit von drei Jahren vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.

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