Bohren wie die Holzwespen – jetzt auch an der Hüfte und im Weltall

Der neuartige Bohrer Sirex wurde nach dem Vorbild der Holzwespe entwickelt. Er soll Chirurgen dabei helfen, Hüftprothesen einzusetzen.

Aktuelles // 17. Mai 2017

Bohren wie die Holzwespen – jetzt auch an der Hüfte und im Weltall

Ein Entwicklerteam um Dr. Oliver Schwarz vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA hat mit dem von der Natur adaptierten Prinzip die Bohrtechnik von Holz- und Schlupfwespen auf ein Werkzeug übertragen. Mithilfe des rotationsfreien Pendelhubprinzips können neben runden auch Löcher mit drei- oder mehreckigem Querschnitt gebohrt werden. Der Bohrer Sirex kann in den unterschiedlichsten Branchen eingesetzt zu werden. Er wurde bereits mit Auszeichnungen wie dem Hans-Jürgen Warnecke Innovationspreis und dem International Bionic Award prämiert und in der Großen Show der Naturwunder vorgeführt.

Der Ausgangspunkt für die Forschungsarbeit der Abteilung Biomechatronische Systeme des Fraunhofer IPA war in diesem Fall das Gesundheitswesen. Denn jedes Jahr bekommen in Deutschland rund 200.000 Patienten ein künstliches Hüftgelenk. Die Operation ist ein komplexes Unterfangen. In einem besonders aufwendigen Schritt muss der Chirurg von Hand ein dreidimensional-eckiges Loch in den Oberschenkel des Patienten bohren. Das macht er bisher meist von Hand mit einer Raspel. Mit dem vom Fraunhofer IPA entwickelten Sirex-Bohrer können Ärzte den Eingriff künftig schneller, präziser und mit deutlich weniger Kraftaufwand vornehmen.

Bohren nach dem Vorbild der Hautflügler – im Baugewerbe, bei der Gartenarbeit und sogar im Weltall

Dass diese Technik nicht nur im Gesundheitswesen auf offene Ohren stößt, erklärt Vince Ebert, Physiker und Kabarettist, in einem Erklär-Video humorvoll wie folgt: „Jeder Hobbytaucher kennt das Dilemma: Bohren unter Wasser – ein Riesenproblem. Oder noch extremer: Stellen Sie sich, Sie sind Astronaut und müssen auf einem Kometen ein Loch bohren. Mit einem normalen Bohrer brauchen Sie einen Anpressdruck. Der ist aber in der Schwerelosigkeit nicht möglich. Auch hier hilft der Sirex-Bohrer. Der geht butterweich in den Kometen“.

Oliver Schwarz, Gruppenleiter Bionik und Medizintechnik am Fraunhofer IPA und verantwortlich für das Sirex-Projekt, ergänzt fachlich: „Die Holzwespen bohren bis zu 6 Zentimeter tiefe Löcher ins Holz, um ihre Eier abzulegen. Da ihnen Rotationen nicht möglich sind, raspeln sie die Hohlräume überaus trickreich aus dem Stamm. Ihr Legestachel besteht aus drei separaten Raspeln, die sich unabhängig voneinander bewegen können. Während sich der eine Teil bewegt, verhakt sich der andere im Loch und sorgt so für den nötigen Halt. Mit dieser Technik kann auch Gartenarbeit, Heimwerken und vieles mehr erleichtert werden. Im direkten Gespräch mit den potenziellen Nutzern evaluieren wir gerade die Möglichkeiten des Einsatzes“.

Vince Ebert auf den Spuren der Holzwespe – hier sehen Sie das Erklär-Video:

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