Superhydrophobe Oberflächen – technische Anwendungen von zwei Best Practices der Bionik

BIOKON-Ehrenmitglied Professor Wilhelm Barthlott bei der Woche der Umwelt im Park von Schloss Bellevue am 07.06.2016 mit First Lady Daniela Schadt und BIOKON-Geschäftsführer Dr. Rainer Erb.

Aktuelles // 6. Juni 2016

Superhydrophobe Oberflächen – technische Anwendungen von zwei Best Practices der Bionik

Selbstreinigende Oberflächen (Lotus-Effekt®) und permanent unter Wasser lufthaltende Oberflächen (Salvinia-Effekt®) sind zwei Erfolgsgeschichten der Bionik, die zu einem Paradigmenwechsel in bestimmten Bereichen der Materialwissenschaften führten und die Entwicklung superhydrophober bionischer Oberflächen ermöglichten. Beide werden am 07. und 08.06.2016 auf der Woche der Umwelt im Park von Schloss Bellevue von BIOKON mit der Firma Sto SE & Co. KGaA und dem Nees-Institut für Biodiversität der Pflanzen der Universität Bonn präsentiert.
Entdeckt und beschrieben hat beide Effekte der Bonner Botaniker und Bioniker Professor Wilhelm Barthlott, Gründungs- und Ehrenmitglied von BIOKON. Sie beruhen auf dem Vorbild der mikro- und nanostrukturierten superhydrophoben Strukturen der Blätter der Lotus-Blume bzw. der elastischen superhydrophobe Schneebesen-Haare des Schwimmfarns Salvinia molesta.

Superhydrophob heißt, dass diese Oberflächen extrem wasserabweisend sind. Auf Grundlage der Forschungsarbeiten Professor Barthlotts ausgerüstete Textilien schützen beispielsweise Kleidungsstücke vor Wasser und Schmutz und mit der Firma Sto entwickelte Fassadenfarben machen Häuserfassaden wasserfest und selbstreinigend. Der Lotus-Effekt ist eine der 12 wichtigsten Innovationen aus Deutschland der letzten 50 Jahre; es existieren mittlerweile über 200 Nebeninnovationen.

Manche extrem wasserabweisenden biologischen Oberflächen verfügen über eine erstaunliche Fähigkeit: Unter Wasser getaucht halten sie dauerhaft eine Luftschicht (Salvinia-Effekt). Solche Luftschichten sind technisch höchst interessant. Sie können beispielsweise zur Reibungsreduktion oder zur Verhinderung des Bewuchses mit Foulingorganismen in marinen Anwendungen eingesetzt werden. Auf Schiffsrümpfen können solche „Gleitfilme“ den Treibstoffverbrauch erheblich senken − bis zu 3 % des globalen Treibstoffverbrauchs lassen sich sparen, wenn Frachtschiffe auf Luftschichten durch das Wasser gleiten und dadurch viel weniger Treibstoff verbrauchen.

Lotus und Salvinia sind nur zwei Beispiele von rund 280.000 bekannten Pflanzenarten. Alle sind in Jahren der Evolution in Mutation und Selektion funktional optimiert und bilden eine unerschöpfliche Quelle der Inspiration für Techniker und Materialwissenschaftler − sie zeigen eindringlich, welche technischen Meisterleistungen die Evolution hervorgebracht hat. Wir verlieren die Artenvielfalt und damit die Vorbilder für unsere Bionik-Entwicklungen derzeit in dramatischem Ausmaß. Die Bionik ist ein wichtiges Argument für den Erhalt unserer Umwelt mit ihrer Biodiversität.

Beide Bionik-Erfolgsgeschichten in eindrucksvollen Bildern und gut erklärt von Professor Barthlott sehen Sie hier im Video (Quelle: FutureMag von Arte; Sendung vom 04.06.2016).

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